Stadtstraße: Nach Art einer Schnellstraße

Von 2021 bis etwa 2026 wird in der Donaustadt an der Stadtstraße gebaut. Anders als der Name vielleicht vermuten lässt, handelt es sich um eine Hochleistungsstraße, die wohl erst der Anfang für weitere riesige Bauprojekte ist: Lobautunnel und S1-Verlängerung könnten folgen. Die möglichen Konsequenzen: mehr Autoverkehr, mehr Zersiedlung und mehr Bodenversiegelung. Ob es durch die Stadtstraße zur erhofften Verkehrsentlastung für die umgebenden Wohngebiete kommt, wie von der Stadt versprochen, wird sich zeigen.

– Eine Fotodokumentation der Baustelle.

Baustelle, Bauzaun, Kran, U-Bahn-Trasse, 1220 Wien
Seit 2021 wird an der Stadtstraße gebaut. (Foto: 2024)

Umstrittene Straße

Der Bau der Stadtstraße ist seit Jahren umstritten. Die zwischen der Seestadt Aspern und der Südosttangente (Autobahn A23) verlaufende Straße wurde unter der rot-grünen Stadtregierung beschlossen.[10] 2021 war die Baustelle von Projektgegnern besetzt, die Stadt ließ räumen und schickte Klagsdrohungen aus, darunter auch an Unbeteiligte. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bezeichnete die Stadtstraße einmal als „eine Straße wie z.B. die Wiedner Hauptstraße“.[8] Wie die Fotostrecke in diesem Artikel zeigt, kann davon nicht die Reden sein: Es handelt sich nicht um eine typische Straße in der Stadt – also mit Ampeln und Zebrastreifen, mit angrenzenden Häusern und öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Stadtstraße ist eher eine Art „versteckte Schnellstraße“, die Vorstufe zu einer echten Hochleistungsstraße. Aber mit einem Tempolimit 50 km/h.

Der Bau wurde zu Beginn mit der Entlastung bestehender Wohngebiete argumentiert. „Allein in Hirschstetten rund 6.000 Autos weniger pro Tag, massive Entlastung auch für Aspern und Essling“, wie es auf einer eigens eingerichteten Webseite heißt.[11] Später änderte sich die Begründung hin zum Wohnungsneubau. Die Errichtung tausender Wohnungen ist an den Bau der Stadtstraße gekoppelt.[3]

Kritiker fordern, Wohn- und Straßenbau zu entkoppeln, da vielfach eine ausreichend gute Anbindung durch den öffentlichen Verkehr bestehe. Dazu könnten Bescheide abgeändert werden.[4] Nachdem die Stadtregierung, allem voran die SPÖ, auch die Verlängerung der Schnellstraße S1 und den Bau des Lobautunnels befürwortet, ist damit kaum zu rechnen. Wenn schon eine Straße gebraucht bzw. gewünscht wird, hätte es dann eine gewöhnliche Straße nicht auch getan? Eine Straße, die Zufahrt gestattet, aber nicht als Ausgangspunkt für Schnellstraßenpläne und die damit verbundenen Probleme dient?

Die Kosten des Projekts haben sich während der Bauzeit deutlich erhöht. 2016 waren noch 317 Millionen Euro veranschlagt.[1] 2021 erhöhten sich die Kosten um 143 Millionen Euro[6], nun sollen die Gesamtkosten 690 Millionen Euro betragen.[7] Das Bauprojekt wurde 2024 bei einem Voting der Umweltorganisation Greenpeace zur größten „Betonsünde“ Wiens gewählt.[2]

Eine Straße gräbt sich ein

Die Stadtstraße wird auf einer Länge von etwa 3,3 Kilometern durch den 22. Bezirk führen. Der Umfang des Bauprojekts wird auf Satellitenbildern deutlich.

Die folgende Fotostrecke zeigt die einzelnen Bauabschnitte, beginnend an der U2-Station „Hausfeldstraße“.

An der Hausfeldstraße

2021 hielten Gegner des Bauprojekts die Baustelle an der Hausfeldstraße besetzt.

Nach der Räumung des Camps im Jahr 2022 und der erneuten Räumung nach einer kurzen Wiederbesetzung wurden die Bauarbeiten wiederaufgenommen.

In die Äcker zwischen Hausfeldstraße und der U-Bahn-Trasse wurde eine Schneise geschlagen.

Eine Zufahrt zur Baustelle ist an der Hausfeldstraße (Fotos unten).

Die Fotos unten sind zwischen der Hausfeldstraße und der U2-Trasse entstanden.

An der U-Bahn-Trasse

Nahe Lavaterstraße wird die Straße die U-Bahn-Linie 2 kreuzen. Die Bauarbeiten haben das Umfeld der Trasse stark verändert.

Was wird langfristig aus den Flächen um die U-Bahn und Stadtstraße? Viele Äcker in der Donaustadt sind, wie die Wiener Zeitung 2023 recherchierte, bereits fest in den Händen von Bauträgern und Investoren.[9]

Bei der Bahnstrecke

Über rund vierhundert Meter verläuft die Stadtstraße neben den Gleisen der Marchegger Ostbahn, die Wien mit Bratislava verbindet.

Entlang der Emichgasse

Vor dem Rudolf-Huber-Hof, einem großen Gemeindebau aus den späten 1960er-Jahren, wird die Straße unterirdisch geführt.

Die Baustelle teilt das Gebiet in zwei Hälften.

Bei der Quadenstraße

Die Stadtstraße verläuft unter der Quadenstraße hindurch.

Spargelfeldstraße, Blumengärten Hirschstetten

Nahe den Blumengärten Hirschstetten ist die Straße als Tunnel ausgeführt.

Bei der Anfanggasse

Von der kleinen Anfanggasse und dem nahen Park aus lässt sich die Größenordnung der Baustelle gut abschätzen. Der Aushub ist zu einem Berg aufgetürmt.

Kreuzung Süßenbrunner Straße

Bei der Süßenbrunner Straße ist die Stadtstraße wieder in der Hochlage angekommen. Die beachtliche Breite und die Bodenversiegelung sind nicht zu übersehen.

Von der Kreuzung geht es in Hochlage weiter in Richtung Wiener Nordrand Schnellstraße (S2) und Südosttangente (A23) hergestellt wird.

Kontakte zu Stadt & Politik

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+43 1 4000 22110

Die Bezirksvorstehungen sind die politischen Vertretungen der einzelnen Bezirke. Die Partei mit den meisten Stimmen im Bezirk stellt den Bezirksvorsteher, dessen Aufgaben u.a. das Pflichtschulwesen, die Ortsverschönerung und die Straßen umfassen.

+43 1 4000 81261
 
Vizebürgermeisterin und Stadträtin Kathrin Gaál untersteht die Geschäftsgruppe Wohnen. Zu dieser gehören u. a. die Baupolizei (kontrolliert die Einhaltung der Bauvorschriften u. dgl.), Wiener Wohnen (Gemeindewohnungen) und der Wohnfonds (Fonds für Neubau und Sanierung).

(Die Reihung der Parteien orientiert sich an der Anzahl der Mandate im November 2020.)

Quellen

WienSchauen.at ist eine unabhängige, nicht-kommerzielle und ausschließlich aus eigenen Mitteln finanzierte Webseite, die von Georg Scherer betrieben wird. Ich schreibe hier seit 2018 über das alte und neue Wien, über Architektur, Ästhetik und den öffentlichen Raum.

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