Plaça de l’Ajuntament in Valenica: Platz statt Straße

Wo früher Autos fuhren, ist jetzt eine große Fußgängerzone: Der Rathausplatz der spanischen Stadt Valencia wurde 2020 großteils verkehrsberuhigt. Eine bauliche Umgestaltung mit Begrünung folgt.

Dieser Artikel zeigt, wie sich die Plaça de l’Ajuntament in den letzten Jahren verändert hat.

Plaça de l'Ajuntament, Plaza del Ayuntamiento, Platz in Spanien vor und nach der Verkehrsberuhigung
Plaça de l'Ajuntament in Valencia (Foto links: Jean-Christophe Bruneau; rechts: RdA Suisse, CC BY 2.0)

Ein Rathausplatz wird zum Platz

Die Plaça de l’Ajuntament (spanisch: Plaza del Ayuntamiento) ist ein großer Platz im Zentrum von Valencia. Die am Mittelmeer gelegene Küstenstadt hat über 790.000 Einwohner und erlebt seit Jahren einen kulturellen Aufschwung samt umfangreicher Neubauaktivität. Die Veränderung der Plaça de l’Ajuntament wird vorangetrieben durch Bürgermeister Joan Ribó, der einer links-regionalistischen Koalition vorsteht. Zuvor wurde bereits der Platz vor der Kathedrale umgestaltet.

Die Plaça de l’Ajuntament, wo auch das Rathaus steht, wurde 2020 verkehrsberuhigt. Fußgängern stehen nun 82% der Gesamtfläche zur Verfügung. Zuvor waren es 43%. Die bauliche Umgestaltung samt Pflanzung neuer Bäume steht noch bevor.

Plaça de l'Ajuntament, Plaza del Ayuntamiento, Platz in Spanien vor und nach der Verkehrsberuhigung
2015 vs. 2023 (Foto links: kosta korçari, CC BY-SA 2.0; rechts: Anselm Pallàs, CC BY-NC-ND 2.0)

Eine Hälfte des Platzes wurde für den Kfz-Verkehr gesperrt. Auf der anderen Hälfte wurde die Fahrbahn verschmälert:

Plaça de l'Ajuntament vor und nach der Verkehrsberuhigung, Statue
2020 vs. 2023 (Foto links: Ponscor, CC BY-SA 4.0)

Am keilförmigen Nordende des Platzes wurden alle Kfz-Spuren bis auf eine Fahrspur und einige Parkplätze für Taxis entfernt:

Plaça de l'Ajuntament vor und nach der Verkehrsberuhigung, historische Gebäude
2013 vs. 2023 (Foto links: Marcela Escandell, CC BY-SA 2.0; rechts: William Helsen, CC BY-NC 2.0)

Die Durchfahrtsstraße in der Mitte des Platzes ist weggenommen worden:

Plaça de l'Ajuntament vor und nach der Verkehrsberuhigung, links Fahrbahn und Zebrastreifen, rechts Fußgängerzone und Pavillon
2013 vs. 2022 (Foto links: Jerónimo Roure Pérez, CC BY-SA 4.0; rechts: Ajuntament de València, CC BY-ND 2.0)

Auf dem Foto unten ist das Rathaus zu sehen, vor dem früher der Autoverkehr auf mehreren Spuren vorbeibrauste:

Platz vor und nach der Einrichtung der Fußgängerzone, Rathaus, Springbrunnen
2011 vs. 2020 (Foto links: Joanbanjo, CC BY-SA 3.0; rechts: Ajuntament de València, CC BY-ND 2.0)

Die Straße, die am Rathaus vorbei in Richtung Bahnhof läuft, wurde zur Fußgängerzone:

Plaça de l'Ajuntament mit Fahrbahn (links) und als Fußgängerzone (rechts)
2010 vs. 2023 (Foto links: Yasuhiro Chatani, CC BY 2.0)

In der Mitte des Platzes befand sich eine Straße, die die Grün- und Fußgängerflächen in zwei Hälften zerteilte. Diese Straße wurde für den Kfz-Verkehr gesperrt, der Asphalt entfernt und durch eine helle Natursteinpflasterung ersetzt. Die auf dem Foto (unten) sichtbare Konstruktion ist ein Ágora genannter Veranstaltungspavillon, der indes auf einen anderen Platz übersiedelt ist.

Plaça de l'Ajuntament vor und nach der Verkehrsberuhigung, links Fahrbahn und Zebrastreifen, rechts Fußgängerzone und Pavillon
2013 vs. 2022 (Foto links: Jerónimo Roure Pérez, CC BY-SA 4.0; rechts: Ajuntament de València, CC BY-ND 2.0)

Auf dem Foto unten ist das Rathaus zu sehen, das einen neuen Vorplatz erhalten hat:

Plaça de l'Ajuntament, Plaza del Ayuntamiento, Platz in Spanien vor und nach der Verkehrsberuhigung, Rathaus (Ayuntamiento)
2016 vs. 2022 (Foto links: Eric Titcombe, CC BY 2.0; rechts: Ajuntament de València, CC BY-ND 2.0)

An der östlichen Seite des Platzes ist die Durchfahrt für Kfz weiterhin möglich. Die Spuren wurden deutlich reduziert:

Plaça de l'Ajuntament vor und nach der Reorganisation des Verkehrs
2007 vs. 2020 (Foto links: ho visto nina volare, CC BY-SA 2.0; rechts: Antonio Marín Segovia, CC BY-NC-ND 2.0)

Die Mitte des Platzes wurde verkehrsberuhigt, die Straße vor der östlichen Häuserzeile verengt:

Platz in Spanien vor und nach der Verkehrsberuhigung, historische Gebäude, Palmen, Bäume
2015 vs. 2021 (Foto links: ccyy4424; rechts: Antonio Marín Segovia, CC BY-NC-ND 2.0)

Vor dem von 1915-1923 erbauten monumentalen Postgebäude wurden die Fahrbahn verschmälert und die Parkplätze entfernt:

historisches Postgebäude auf der Plaza del Ayuntamiento in Valenica
Edificio de Correos y Telegrafos - 2014 vs. 2023 (Foto links: Alan Burnett, CC BY-SA 2.0; rechts: Anselm Pallàs, CC BY-NC-ND 2.0)

Der Fotovergleich unten zeigt eine typische Entwicklung, wie sie in vielen europäischen Städten zu finden ist: Im frühen 20. Jahrhundert waren Straßenbahnen das primäre Fortbewegungsmittel in der Stadt, abgesehen vom Zufußgehen. Sie wurden dann allmählich zurückgedrängt oder zur Gänze eingestellt, der motorisierte Individualverkehr erhielt mehr und mehr Raum. Erst in den letzten Jahren ist eine sanfte Wende zu beobachten. Plätze werden neu gestaltet, Fußgänger- und Radverkehr priorisiert. In gewisser Weise wird damit ein früherer Zustand mit modernen Mitteln wiederhergestellt.

Plaza del Ayuntamiento in Valencia
um 1930 / 2007 / 2020 (Fotos: Biblioteca Valenciana; freshwater2006, CC BY-NC 2.0; Antonio Marín Segovia, CC BY-NC-ND 2.0)

Vor 2020: Alles für das Auto

Platzränder und ein Teil der Platzmitte waren bis etwa Ende 2019 dem motorisierten Individualverkehr vorbehalten. Nur zu besonderen Ereignissen, etwa dem valencianischen Frühlingsfest Fallas, war der gesamte Platz kurzzeitig zur Fußgängerzone geworden.

Platz in Valencia, Straße mit Autos, Bäume, hohe Gebäude
Plaça de l'Ajuntament vor der Einrichtung der Fußgängerzone (Foto: 2018, Hans Porochelt, CC BY-NC-ND 2.0)

Die vielen Fahrspuren zwischen Rändern (Häuser, Gehsteige) und Platzmitte (Grünflächen) haben den Platz zerteilt und eine lebendige und vielfältige Nutzung erschwert:

Plaza del Ayuntamiento in Valenica, Springbrunnen, historische Gebäude, Autos, Bus, Grünflächen
Diese Straße ist seit 2020 eine Fußgängerzone. (Foto: 2016, Francesc Fort, CC BY-SA 4.0)

Die Teilung des Platzes durch den motorisierten Individualverkehr ist auf dem Foto unten gut zu sehen. Der Platz ist nicht auf den ersten Blick als zusammengehörende Fläche erkennbar, sondern erscheint durch Barrieren – i.e. Fahrbahnen – zersplittert:

Denkmal in der Mitte eines Platzes in Valencia
Plaça de l'Ajuntament mit Autostraßen auf beiden Seiten (Foto: 2007, Richie Diesterheft, CC BY 2.0)

Das Foto unten zeigt den Blick vom Balkon des Rathauses. Die vier Fahrspuren links und die Parkspur gibt es heute nicht mehr.

Gehsteig und Fahrbahn vor dem Rathaus von Valencia, alte Laterne, Fußgänger, Autos
Platz vor dem Rathaus mit Autoverkehr - seit 2020 verkehrsberuhigt (Foto: 2015, Coentor, CC BY-SA 4.0)

Die beiden Grünflächen auf dem Platz waren bis 2020 durch mehrere Fahrspuren voneinander getrennt. Die Flächen nahe dem Springbrunnen waren de facto nicht nutzbar, da sich rundherum Parkplätze befanden:

Plaza del Ayuntamiento mit Fahrbahn, Springbrunnen, Laternen
Die Straße mitten auf dem Platz wurde 2020 entfernt. (Foto: 2017, Jeffrey Beall, CC BY 4.0)

2020: Verkehrswende

Die Pläne für die Verkehrsberuhigung wurden 2019 vorgestellt und 2020 umgesetzt.

Die Grafik unten zeigt den Straßenverlauf nach der Verkehrsberuhigung. Die verbliebenen Straßen sind weiß eingezeichnet. Die gelben Flächen in der Mitte sind die 2020 verkehrsberuhigten Bereiche.

Karte mit Straßen und autofreien Bereichen
Plan der neuen Verkehrsorganisation (Foto: 2019, Ajuntament de València, CC BY-ND 2.0)

An einer Seite des Platzes wurden alle Straßen entfernt:

Platz im Zentrum von Valencia
nach der Entfernung der Autostraßen (Foto: 2020, Ajuntament de València, CC BY-ND 2.0)

Die Mitte des Platzes wurde für den Autoverkehr gesperrt. Statt Asphalt wurde eine Steinpflasterung verlegt:

neu gestaltete Fußgängerzone in Valencia
neu gepflasterte Fläche in der Platzmitte - zuvor Autostraße (Foto: 2020, Ajuntament de València, CC BY-ND 2.0)

Der Autoverkehr wurde vom Platz vor dem Rathaus entfernt. Das Gebäude, das in seiner heutige Gestalt auf einen Umbau von 1930 zurückgeht, kann nun seine volle architektonische Wirkung entfalten.

Plaça de l'Ajuntament, Plaza del Ayuntamiento, Platz in Spanien nach der Verkehrsberuhigung, Rathaus (Ayuntamiento), Fußgänger mit Gesichtsmasken
Platz vor dem Rathaus als neue Fußgängerzone (Foto: 2020, Ajuntament de València, CC BY-ND 2.0)

An der nördlichen Ecke des Platzes wurden Fahrbahn und Parkplätze bis auf eine einzelne Spur gestrichen:

Plaza del Ayuntamiento in Valencia, Pflanzen in Töpfen, Straße, alte Gebäude
Die Fahrspuren für Kfz wurden 2020 reduziert. (Foto: 2020, Antonio Marín Segovia, CC BY-NC-ND 2.0)

Freier Platz für alle Bürger

Mit der Verkehrsberuhigung wurde der Platz im Sinne eines „Anfügens an den Rand“ besser nutzbar: Der durchfahrende Autoverkehr wurde auf eine Seite des Platzes beschränkt. Der übrige Platz ist autofrei und auch für den Radverkehr nutzbar.

Fußgänger und Radfahrer in der Fußgängerzone vor dem Rathaus von Valencia
neue Fußgängerzone vor dem Rathaus (Foto: 2022, Heather Cowper, CC BY-NC 2.0)

Die Fläche auf dem Foto unten war vor 2020 eine breite Fahrbahn. Rechts ist nun der Fußgängern und Radfahrern vorbehaltene Bereich.

Platz in der Altstadt von Valencia, links Autospur, rechts Fußgängerzone
Ein Teil des Platzes ist nun für den Autoverkehr gesperrt. (Foto: 2023)

Durch die Entfernung des durchfahrenden Autoverkehrs sind riesige Flächen in zentraler Lage frei geworden. So wird erst bewusst, wie viel Raum dem motorisierten Individualverkehr gegeben wird und dass er diesen Raum eigentlich gar nicht braucht. Oftmals ist ein Rückbau einfacher als gedacht. Doch dieser Schritt erfordert politischen Mut, dessen positive Auswirkungen dafür aber dann über Jahrzehnte spürbar sind (Beispiel: Stephansplatz in Wien).

Umbau folgt noch

Die Umgestaltung des Platzes erfolgt in zwei Etappen: 2020 wurde der Verkehr neu geregelt, wobei umfangreiche Flächen für den Fußgänger- und Radverkehr optimiert worden sind. In einem zweiten Schritt kommt die bauliche Umgestaltung. Im Oktober 2022 wurde das Siegerprojekt des Gestaltungswettbewerbs vorgestellt, Gewinner ist das Büro VAM10 des Architekten Miguel del Rey. Die neuen Bäume sind so gewählt, dass im Sommer viel Beschattung herrscht, im Winter dafür aber bessere Sicht auf die Gebäude möglich ist:

Die Bauarbeiten sollen etwa ein Jahr dauern. Ob die 2022 vorgestellten Pläne exakt umgesetzt werden, ließ sich nicht ermitteln. Dieser Artikel wird aktualisiert, wenn der Platz fertiggestellt ist.

Früher Verkehr

Der Platz entstand in seiner heutigen dreieckigen Form im späten 19. Jahrhundert nach dem Abriss eines großen Klosters. Die Aufteilung sah im frühen 20. Jahrhundert folgendermaßen aus: Verkehrsflächen für Straßenbahnen, Pferdewägen und die noch wenigen Automobile an den Rändern; Begrünung und Flächen für Fußgänger in der Mitte, darunter auch Marktstände. Der ganze Platz war für Fußgänger begehbar, da der motorisierte Individualverkehr in seiner später bekannten Masse noch nicht existierte. Einst gab es auf dem Platz einen unterirdischen Blumenmarkt samt aufwendiger Oberflächengestaltung, was beides aber wieder abgebrochen wurde. Wie überall in Europa wurde im Laufe Zeit immer mehr Raum für den Autoverkehr bereitgestellt, in den 1970ern befand sich in der Mitte des Platzes ein großer Parkplatz.

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