In Inzersdorf wurden zwei Häuser abgerissen. Eines davon – Oberlaaer Straße 375 – war ein gut erhaltener Altbau.
Abrisswidmung & Abbruchreife: Haus ohne Chance
Wieder ist ein erhaltenswerter Altbau abgerissen worden. Wieder taucht das schon bekannte Muster auf. Es dürfte wohl etwa so abgelaufen sein:
- Der Neubau darf laut Bebauungsplan größer werden als der Altbau.
- Eine Schutzzone für den Altbau hat der Gemeinderat bei der letzten Umwidmung (2003) nicht beschlossen.
- Der 2018 verschärfte Abriss-Schutz sollte das Gebäude trotzdem schützen.
- Die zum Wohnbauressort von Stadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) gehörende Baubehörde erlaubt den Abriss wegen angeblicher „Abbruchreife“.
- Die Abbruchreife wird in Wien per Privatgutachten ermittelt.
- Die Mittel aus dem Altstadterhaltungsfonds reichen offenbar nicht aus (oder werden nicht gewährt), um die Abbruchreife abzuwenden.
Ein solcher oder ähnlicher Ablauf ist alleine in den letzten Jahren dutzendfach zu beobachten gewesen. Es trifft verschiedenste Häuser in fast allen Bezirken. Biedermeier und Historismus, alte Ortszentren und Gründerzeitgebiete, desolate und renoviert wirkende Häuser. Im Februar 2023 schließlich auch den Altbau in der Oberlaaer Straße 375 in Inzersdorf, einem 1938 eingemeindeten Vorort.
Um 2020: Fassade beschädigt
Kurz vor dem Abbruch im Februar 2023 sah die Fassade schon ziemlich mitgenommen aus. Einem schlechten Erhaltungszustand oder lange ausgebliebenen Reparaturen ist das aber kaum zuzuschreiben. So einwandfrei sah das Gebäude nämlich noch 2019 aus:
Irgendwann in der Folgezeit musste es ziemlich wild zugegangen sein. 2021 war die Fassade schon schadhaft:
2023: Abriss von zwei Häusern
Warum wird eine gut erhaltene Fassade eines offenbar gut erhaltenen Hauses demoliert? Wurde auch im Inneren des Gebäudes „gearbeitet“? Hat die Baupolizei davon gewusst? Aus der Ferne kaum zu eruieren, aber eine Vermutung drängt sich auf: Sollte das Gebäude vielleicht abbruchreif gemacht werden?
Auch das Nebenhaus, Oberlaaer Straße 377, wurde 2023 abgerissen. Es hat sich wahrscheinlich ebenfalls um einen Altbau gehandelt. Die Fassade dürfte nachträglich gedämmt gewesen sein und wirkte ziemlich rezent renoviert.
Über dem Eingang des Gebäudes befand sich eine Plakette mit der Aufschrift „Albert Hasenöhrl, Fuhrwerksbesitzer“.
Baubehörde genehmigt Abriss
Die Baubehörde hat den Abriss beider Häuser erlaubt. Was sagt das über die Stadtregierung aus, die erst kürzlich eine „Offensive Altbautenschutz“ ausgerufen hat? Wann bekommen die Behörden endlich effektive Gesetze in die Hand, damit Abbrüche erhaltenswerter Gebäude verhindert werden?
Noch ein Abriss im Firmengeflecht
Wer steht hinter dem Abriss in Inzersdorf? Die Liegenschaft ist seit 2022 im Eigentum der Wohnart Oberlaaerstraße 375-377 GmbH. Einer der Geschäftsführer – der Vorstand der Grazer Firma Aventa AG – übt diese Funktion auch in einer anderen Firma aus, der Hohenbergstraße 18 Projekt GmbH. Diese Firma wiederum ist verknüpft mit der gleichnamigen Adresse im 12. Bezirk. Dort wurde 2022 ein Jahrhundertwendehaus mit sanierter Fassade demoliert. Ebenfalls aufgrund angeblicher Abbruchreife.
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