Im historischen Ortskern von Leopoldau wurde ein Gebäude trotz Schutzzone abgerissen. Erst vor wenigen Jahren waren schon zwei Gebäude der Abrissbirne zum Opfer gefallen. Der Abriss-Schutz in der Wiener Bauordnung erweist sich regelmäßig als ineffektiv.
Äußerlich intaktes Haus abgerissen
Das kleine Haus im Zentrum des alten Ortskerns von Leopoldau (21. Bezirk) wirkte die längste Zeit völlig unauffällig. Die Fassade machte einen sanierten Eindruck, das Dach war typisch für Häuser jener Zeit. Es dürfte zu den älteren Häusern des Ensembles gehört haben – sicherlich deutlich älter als das Jahrhundertwendehaus nebenan.
Die Bedeutung eines solchen Gebäudes erschließt sich erst, wenn das weitere Umfeld betrachtet wird: Floridsdorf und Donaustadt sind Flächenbezirke. Sie haben keinen dichten und umfangreichen Bestand an Häusern der Gründerzeit, der alte Straßenraster der 19. Jahrhunderts fehlt. Die beiden Bezirke sind aus ehemaligen Ortschaften gebildet, die teils noch erhalten, teil schon stark überformt sind. Die alten Ortskerne wie Stammersdorf und Leopoldau sind die letzten Zeugen einer früheren Zeit. Bedingt durch das hohe Bevölkerungswachstum und die intensive Bautätigkeit sind sie vom Verschwinden bedroht. Ohne Maßnahmen vonseiten der Politik werden diese Orte nicht bestehen bleiben.
2023: Schäden am Gebäude
Im Jahr 2023 war das Gebäude von einem Bauzaun gesichert. Es dürfte Schäden am Dach gegeben haben. Die Baupolizei war informiert.
Abriss wegen Abbruchreife
Anfang 2024 kam es zum Abriss – wie bei so vielen anderen Fällen aufgrund angeblicher „Abbruchreife“. Abbruchreife bedeutet, eine Sanierung wäre nicht mehr wirtschaftlich möglich gewesen. Basis für die Berechnung der Abbruchreife sind üblicherweise Privatgutachten, die von Bauwerbern selbst in Auftrag gegeben und bezahlt werden. Per Abbruchreife lässt sich auch die Schutzzone umgehen.
Die treibende Kraft hinter den meisten Abrissen ist der Bebauungsplan, der Abrisse oft begünstigt. So darf auf den meisten Grundstücken viel umfangreicher neu gebaut werden, als die Bestandsgebäude groß sind. Mehr Stockwerke, mehr Fläche – das ist ein typische Anreiz, Bestandsgebäude abzureißen. Politik und Behörden können durch genau angepasste Bebauungspläne – inklusive Begrenzung für die Anzahl der zulässigen Geschoße – den Erhalt absichern. Solche effektiven Bestimmungen bleiben aber die große Ausnahme.
Der leicht zu umgehende Abriss-Schutz und die schwache Schutzzone wurden in den letzten Jahren bei zahlreichen Hausabrissen evident. Ende 2023 reagierte die Stadtregierung und beschloss mit einer Baurechtsnovelle verschärfte Bedingungen für Abbrüche. Inwieweit sich diese Reform positiv auf den Erhalt auswirkt, muss sich erst weisen. Für das Haus am Leopoldauer Platz 44 kommt die Reform jedenfalls zu spät, denn es wurde schon vorher um Abbruch angesucht.
Leopoldauer Platz: Ein Ortskern verschwindet
Bereits 2020 kam es am Leopoldauer Platz zum Abriss zweier Altbauten (siehe Artikel).
Beide Häuser standen in der Schutzzone. Aufgrund von „Abbruchreife“ erlaubte die Baubehörde den Abriss. Die Fotos zeigen den Zustand bei laufenden Abbrucharbeiten.
Schon einige Jahre zuvor war das zwischen den oben genannten Häusern stehende Gebäude abgerissen worden (Foto unten). Die graue Fassade und die unpassenden Fenster sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich wahrscheinlich um einen ortstypischen Altbau gehandelt hatte.
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