Die Langauergasse hinter dem Westbahnhof war lange Zeit ein unattraktiver Parkplatz. Im Zuge einer Umgestaltung ist daraus ein kleiner Park geworden.
Vorher: Beserlpark zwischen Asphalt
Die Langauergasse war die längste Zeit eine wenig bekannte Restfläche südlich des Westbahnhofs. Ein paar Bäume, viel Asphalt, viele Parkplätze. Aber eigentlich hervorragend gelegen, nahe der äußeren Mariahilfer Straße und zugleich geschützt vor dem Lärm des Gürtels.
Plätze wie dieser sind überlebte Resultate einer Art von Politik, für die gestalterische Qualität und Belebung des öffentlichen Raums keine Denkkategorien darstellen. Die Folgen: Hitze (Asphalt heizt sich leicht auf), fehlender Platz für Begrünung, unfreundliches Erscheinungsbild, unattraktive Lage für Erdgeschoßnutzungen (also für Geschäfte und Lokale), fehlender Platz für den Fußgänger- und Radverkehr. Kurzum: Die aktive Nutzung durch die Bevölkerung wird erschwert. Die Langauergasse war mit ihren Bäumen selbst vor der Umgestaltung sogar noch eines der besseren Beispiele.
Mit IKEA kommt Umgestaltung
Die große Änderung für das Grätzl kam mit dem Bau einer Filiale von IKEA. Beim Neubau des Möbelhauses wurden keine Parkplätze errichtet, was so auch ausdrücklich von der Stadt gewünscht wurde – vorangetrieben wohl vor allem vom grünen Planungssprecher Christoph Chorherr. Das Konzept ist geradezu revolutionär, denn üblicherweise zwingt die Stadt Eigentümer zum Bau von Garagen, selbst bei hohen Kosten und fehlender Nachfrage nach Parkplätzen. Da keine Garage gebaut wurde, ist das umgebende Wohnviertel vor zusätzlicher Verkehrsbelastung bewahrt worden.
Bewohner für große Umgestaltung
Die Anwohner konnten zwischen zwei Varianten abstimmen. Die Wahl fiel auf die Variante mit den umfangreicheren Maßnahmen: viel Begrünung, viel Platz für Fußgänger und Radfahrer, starke Reduktion der Flächen für Kfz. Der nachhaltige Motor hinter der Umgestaltung war die Initiative Gasgasse – eine Bürgerinitiative, die sich für die Begrünung und Neuaufteilung des öffentlichen Raums im Grätzl eingesetzt hat. Umfrage und Planung der Umgestaltung von Langauergasse, Friedrichsplatz, Staglgasse und den angrenzenden Gassen erfolgten noch unter Rot-Grün, in erster Linie durch Bezirksvorsteher Gerhard Zatlokal (SPÖ).
Neugestaltung 2022
Im „IKEA-Grätzl“ hat Zatlokal dauerhafte Spuren hinterlassen – in Gestalt einer umfangreichen Aufwertung, deren Umsetzung schon unter der neuen SPÖ-NEOS-Regierung erfolgte. Eröffnet wurde die neue Langauergasse von Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) und dem seit 2022 amtierenden Bezirksvorsteher Dietmar Baurecht (SPÖ).
Durch die Entfernung der Parkplätze konnten die Grünflächen deutlich vergrößert werden. Hinter dem lauten Gürtel und dem geschäftigen Westbahnhof ist eine angenehme Ruheoase entstanden.
Einige Flächen für Kfz – auch die Polizei hat eine Dienstelle vor Ort – sind geblieben, da die Zufahrt erhalten bleiben musste. Die Chance, auch die angrenzenden Gehsteige mit heller Pflasterung zu versehen, wurde nicht genutzt.
Ein neuer Platz ist entstanden
Peter Schneider – Anrainer, Mitglied in der Initiative Gasgasse und von Beruf Architekt – sieht das Ergebnis positiv. Der neue Platz werde gut angenommen, der Autoverkehr sei merklich zurückgegangen, die Radverbindung seither besser. Die spürbare Reduktion von Asphaltflächen und die Vergrößerung der entsiegelten Flächen (Grünflächen) streicht er positiv hervor.
Die zuvor für Parkplätze reservierten Flächen wurden großteils begrünt, eine einzelne Kfz-Fahrspur ist geblieben. Mit dem Fahrrad kann die Gasse in beiden Richtungen durchfahren werden.
Die im südlichen Teil des Platzes gelegene Fahrbahn ist ganz weggefallen. Der Platz rückt damit ganz an eine Häuserfront heran. Solche Verbindungen von Platzmitte und Rändern sind essenziell für funktionierende Plätze und sorgen auch für mehr Sicherheit, etwa für spielende Kinder.
Im Wandel der Zeit
Die Langauergasse war die meiste Zeit nicht viel mehr als ein freigelassener Streifen zwischen Westbahnhof und den beiden Häuserblöcken an der Mariahilfer Straße. Die Luftaufnahme unten ist aus den 1950er-Jahren. Links ist der neue Westbahnhof zu sehen (der alte wurde im Krieg beschädigt und hernach abgerissen). Das große Gebäude in der Mitte oben ist das sogenannte Blaue Haus – ein altes Gebäude der Bahn, das 2019 dem IKEA-Neubau wich.
Eine Grünfläche hat es in der Langauergasse zumindest seit den 1930ern gegeben. Auf Aufnahmen aus den 1950ern ist die Gasse noch relativ frei. Ganz anders das Bild aus den 1970ern, wo durch Schrägparkplätze viel Raum für das Abstellen von Fahrzeugen bereitgestellt war. Das blieb mit Abschlägen noch bis 2021 bestehen. Interessant ist die zweite Grünfläche rechts. Sie wurde irgendwann nach 1976 entfernt – wahrscheinlich wegen des Baus der U3-Station.
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Siehe auch
- Wie das Wiener Ikea-Grätzel und die lokale SPÖ umgebaut werden (Der Standard, 2.6.2022)
- Wirbel um drohendes Verkehrsaufkommen bei neuem Ikea in Wien (Der Standard, 24.8.2021)
- Alle Fotos (c) Georg Scherer
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