Innere Stadt: Straßenbeleuchtung im Wandel der Zeit

Die Straßenbeleuchtung in Wien hat sich immer wieder verändert. Dieser Artikel hat Straßen und Plätze in der Inneren Stadt im Fokus. Mit Fotos vom 19. Jahrhundert bis heute.

drei Aufnahmen vom Graben in Wien
Straßenbeleuchtung am Graben (Foto links: ÖNB, Mitte: Wien Museum, rechts: Georg Scherer)

Am Hof

Einer der ältesten Plätze Wiens. Heute eine teils leere, teils für Veranstaltungen und Märkte genutzte Fläche. Unterirdisch (Garage) und oberirdisch (Parkplätze und Fahrbahnen an den Rändern) vom Autoverkehr geprägt. Die Beleuchtung hat sich seit der Jahrhundertwende mehrfach verändert.

Die alten Laternen der Jahrhundertwende gibt es heute nicht mehr. Auf Fotos aus den 1940ern sind bereits Modelle in sachlicherem Stil zu sehen. Heute stehen auf dem Platz einige (nachgebaute?) Leuchten in alten Designs. Details über den Platz sind in einem eigenen Artikel zu finden.

Um das Burgtheater

Löwelstraße und Josef-Meinrad-Platz. Auf älteren Aufnahmen ist noch eine stadtgestalterische Einheit mit der angrenzenden Ringstraße zu erkennen. Mit dem Aufkommen des Automobils setzte ein Wandel ein. Auch die Beleuchtung hat sich verändert. 

Der Platz um das Burgtheater ist heute geprägt von Asphalt, Parkplätzen und hohen Laternen.

Franz-Josefs-Kai, Schwedenplatz

Der Franz-Josefs-Kai, gelegen zwischen Donaukanal und Stadtzentrum, war einst eine Prachtstraße. Heute ist von der beeindruckenden Gestaltung des öffentlichen Raums – Laternen, Bodenbelag, Brücken, Kleinbauten usw. – fast nichts mehr übrig. Den breiten Boulevard gibt es nicht mehr, die Verkehrsbelastung verunmöglicht den angenehmen Aufenthalt. Die Kosten von Krieg und Fortschritt sind schwer zu beziffern.

Der heutige Schwedenplatz ist durch die Devastationen des Zweiten Weltkriegs entstanden. Eine ganze Häuserzeile wurde zerstört und nicht wiederaufgebaut, die dadurch entstandene Fläche wurde erst als Parkplatz und Fahrbahn, später und bis heute als mäßig attraktives autofreies Band neben dem vielspurigen Franz-Josefs-Kai genutzt.

Bis heute harrt der Schwedenplatz einer Neugestaltung, die wohl erst unter der Voraussetzung Sinn ergibt, dass auch die Straße verschmälert und eine weite durchgehende Fläche als Fußgängerzone – inklusive Begrünung – eingerichtet wird. Die heute aufgestellten Laternen erinnern eher an die Masten an Hochleistungsstraßen und Autobahnraststätten. Unpassend ist das für den Schwedenplatz in seiner heutigen Gestaltung nicht.

Freyung

Einer der bekanntesten und ältesten Plätze Wiens. Heute wie damals durch hohe Laternen illuminiert.

Graben

Am Graben standen schon verschiedenste Leutenmodelle. Ein historisches Detail: 

Im Jänner 1882 fand am Graben, mitten im Herzen der Stadt, erstmals eine Probebeleuchtung mit elektrischen Bogenlampen statt. Tausende Menschen kamen, um das Spektakel zu bewundern und das neue „Lichtbad“ zu genießen. In festlicher Stimmung promenierten die Massen auf und ab. [1]

Die Nachkriegszeit hatte es mit dem Graben nicht gut gemeint und das Zentrum Wiens in eine für den Autoverkehr reservierte Fläche verwandelt. Auf Fotos der 1960er (siehe unten) ist von den alten Laternen nichts mehr zu sehen. Irgendwann (im Rahmen der Einrichtung der Fußgängerzone oder danach?) wurden Laternen aufgestellt, die an Modelle aus früheren Perioden angelehnt sind.

Herrengasse

Eine alte Straße, die ihren Namen von dem hier ansässigen Adel hat. Palais reiht sich an Palais, zum Michaelerplatz hin sind zwei spektakuläre Bauwerke der Moderne – Hochhaus Herrengasse und Loos-Haus – prägend. Die Beleuchtung hat sich in den Jahrzehnten mehrfach gewandelt.

2016 wurde die Herrengasse umgestaltet. Die Parkplätze wurden entfernt, die Oberfläche neu angelegt (z.T. mit Granit gepflastert) und die Beleuchtung durch an den Fassaden montierte Laternen ersetzt.

Hoher Markt

Einst war der Hohe Markt ein geschäftiger Marktplatz. Die Grundstruktur des alten Stadtplatzes hat sich nicht wesentlich verändert, sehr wohl aber die Verteilung und Nutzung des öffentlichen Raums, der seit Jahrzehnten durch den Kfz-Verkehr dominiert wird. Die auf dem zweiten Foto erkennbaren Lichtmasten mit Bogenausleger kamen in Wien ab 1960 zum Einsatz.[4]

Karlsplatz

Eine weitläufige Fläche im 1. und 4. Bezirk, die so sehr durch vielspurige Kfz-Fahrbahnen durchschnitten ist, dass sie als Einheit nur bedingt wahrnehmbar ist. Von der Straßenbeleuchtung der Jahrhundertwende ist nichts mehr zu sehen, ebenso wenig von vielen anderen Details (Zäune, Masten, Bodenbeläge, kleine Bauten).

Die der Karlskirche vorgelagerte Fläche wurde mit dem Siegeszug des Automobils zur breiten Fahrbahn mit großem Parkplatz. Die Laternen wurden irgendwann gegen Modelle ausgetauscht, die nach heutiger Sicht eher an Beleuchtungen von Parkplätzen in der Peripherie erinnern. Laternen dieses Typs wurden in Wien ab 1958 aufgestellt.[4] Heute stehen vor der Karlskirche wieder an ältere Formen angelehnte Laternen.

Die Straße vor dem Künstlerhaus und dem Musikverein ist immer noch so breit wie in den 1970ern. Das Primat von Autoverkehr und Funktionalität – bis hin zur Beleuchtung – gilt auch an diesem zentralen Platz.

Kärntner Straße

Die Einkaufsstraße hat schon verschiedenste Gestaltungen des öffentlichen Raums gesehen. Die Etappe als Autostraße mit Hängeleuchten ist heute nur noch ferne Vergangenheit.

1974 wurde die Kärntner Straße zur Fußgängerzone. Noch bis zumindest 2007 waren Beleuchtungskörper aufgestellt, die wohl an den „Space-Age-Stil“ der 1970er anknüpften (erstes Foto unten). Im Vorfeld der letzten Umgestaltung war die Beleuchtung explizit Thema:

[Stadtrat Rudolf] Schicker favorisierte die von Architekt [Clemens] Kirsch vorgeschlagene moderne Variante, während [Bezirksvorsteherin Ursula] Stenzel die aktuellen Maiglöckchen-Leuchten behalten, oder unauffällige Hängelampen installieren wollte. [2]

Die Bezirksvorsteherin setzte sich durch. Heute stehen auf der Kärntner Straße, wie anderswo in der Inneren Stadt, die typischen Laternen, die in Wien ab 1925 Verwendung fanden.[4]

Kohlmarkt

Heute eine der exklusivsten Einkaufsstraßen Wiens, früher eine Schneise für den motorisierten Individualverkehr. Hängeleuchten auf Seilen gab es am Kohlmarkt schon im frühen 20. Jahrhundert – mit im Laufe der Zeit wechselnden Leuchten. Heute erhellen die gängigen Wiener Altstadtlaternen die Fußgängerzone.

Michaelerplatz

Ein komplexer Platz, der von der Spannung verschiedener herausragender Bauten lebt, darunter Hofburg (Barock), Loos-Haus (Moderne), Michaelerkirche (im Kern Romanisch) und Herbersteinpalais (Historismus).

Hohe Laternen gibt es am Michaelerplatz seit längerem keine mehr. Im Rahmen einer laufenden Umgestaltung (2024) ist geplant, Laternen vom Maiglöckchen-Typ aufzustellen. Die kunstvollen kleineren Laternen dürften unter Denkmalschutz stehen, vielleicht als Teil der Anlage der Hofburg.

Neuer Markt

Ein alter Marktplatz und lange ein Abstellplatz für Fuhrwerke bzw. Kraftfahrzeuge. Das Modell der Gaslaterne auf dem ersten Foto unten kamen in Wien ab 1842 zum Einsatz.[4]

Die letzte Umgestaltung (2021) hat eine riesige Garage und eine umstrittene Oberflächengestaltung gebracht. Der nun weitgehend autofreie Platz ist heute mit Aufbauten verstellt, die teils aus den Notwendigkeiten der Garage resultieren, deren Zufahrt überdies die angrenzende Tegetthoffstraße beeinträchtigt. Einige Straßenlaternen wurden bei der Umgestaltung durch andere Modelle ersetzt. Auf Hängeleuchten auf Drähten und aufwendige Nachbauten von Modellen aus dem frühen 20. Jahrhundert wurde verzichtet.

Petersplatz

Ein kleiner, italienisch wirkender Stadtplatz mit Kirche in der Mitte. Auf Fotos aus verschiedenen Jahrzehnten sind unterschiedliche Laternen zu erkennen. Die Abfolge der Modelle entspricht derjenigen anderer Plätze und Straßen.

Bei der Umgestaltung des Petersplatzes wurden auch einige neue Laternen aufgestellt.

Rathausplatz

Der Rathausplatz umfasst nicht nur die Freifläche direkt vor dem 1872-1883 erbauten Rathaus, sondern schließt auch den Rathauspark und die angrenzenden Straßen hin zum Parlament und der Universität ein. Gemeinhin als Rathausplatz gilt meist die freie zentrale Fläche zwischen Rathaus und Ringstraße – eine weite Asphaltfläche (kein Steinpflaster), die früher als Parkplatz und heute für wechselnde Veranstaltungen genutzt wird. Die Beleuchtung der Jahrhundertwende und des frühen 20. Jahrhunderts, die die Verkehrsflächen um die Parkanlagen prägte, wurde irgendwann (1930er?) entfernt

Am Rathausplatz stehen heute die typischen hohen Laternen, wie sie überall in der Inneren Stadt zu finden sind.

Ringstraße

Die Ringstraße als die Prachtstraße Wiens war um 1900 gesäumt von hohen feingliedrigen Laternen. Auf dem Foto aus den 1940ern ist bereits ein schlichteres Modell zu sehen. Auch danach änderten sich die Modelle. In der Rückschau könnte der Eindruck entstehen: In dem Maße, wie die Ringstraße ihren Glanz zugunsten einer funktionalistischeren, auf das Automobil fokussierten Gestaltung und Nutzung eingebüßt hat, passten sich auch die Laternentypen an.

Heute stehen auf der Ringstraße größere und kleinere Laternen, bei denen es sich sicherlich um Nachbauten handelt. Sind die Laternen vor dem Amtsgebäude am Stubenring (siehe Foto unten) vielleicht noch Originale?

Rotenturmstraße

Die Einkaufsstraße verbindet Stephansplatz und Schwedenplatz. In Sachen Beleuchtung zeigen die Aufnahmen einen typischen Wandel, bei dem die Art der Laternen mit der Nutzung des öffentlichen Raums einhergeht. Der Siegeszug der Massenmotorisierung hatte die Versachlichung von Mobiliar und Straßenausrüstung als Beifahrerin.

2019 wurde die Rotenturmstraße zur Begegnungszone umgestaltet. Dabei wurden Bäume gepflanzt und Straßenlaternen aufgestellt.

Schwarzenbergplatz

Heute in erster Linie Verkehrsknotenpunkt statt repräsentativer Achse. Die Beleuchtung hat sich mehrfach verändert. Die letzte Umgestaltung im Jahr 2004 hat einen Wald aus silbergrauen Stangen und weite Flächen aus Asphalt und Pflastersteinen hinterlassen und den Platz auch noch als Hitzeinsel verstetigt. Das gewählte Laternenmodell mag bis heute nicht recht überzeugen, die im Boden eingelassenen Effektleuchten sind längst defekt.

[Architekt Alfredo] Arribas‘ [Beleuchtungs-]Konzept ist auf ein Minimum reduziert. Kein Licht, das sich je nach Verkehrslage ändert, keine Haltestellen, die sich rot verfärben, bevor eine Straßenbahn einfährt. Die im Boden eingelassenen Lichterketten sind zwar programmierbar, blitzen aber eher eintönig vor sich hin. Und aus den schlanken Masten rund um das Reiterstandbild sind plumpe Rohre geworden, die vor allem in der Ansicht von vorne eine unangenehme Wirkung entfalten. Die Beleuchtungskörper an diesen Masten sind zusätzlich über eine Seilabspannung gehalten, wodurch das Drahtgewirr über der Straße unnötig vermehrt wird. Jede Peitschenlampe aus den 1950er Jahren hat mehr Eleganz. [3]

Stephansplatz

Der Platz um den Stephansdom hat sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts stark gewandelt (siehe Artikel). Umgebende Bebauung, Verkehr und Beleuchtung sind den Tendenzen ihrer Zeit gefolgt.

Die Verkehrsinsel am Stock-im-Eisen-Platz ist längst Vergangenheit. Die Fußgängerzone wird heute von unaufdringlichen Maiglöckchen-Laternen erhellt.

Infos

Fotos

WienSchauen.at ist eine unabhängige, nicht-kommerzielle und ausschließlich aus eigenen Mitteln finanzierte Webseite, die von Georg Scherer betrieben wird. Ich schreibe hier seit 2018 über das alte und neue Wien, über Architektur, Ästhetik und den öffentlichen Raum.

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