Die Hofburg mit ihren weitläufigen Trakten ist ein einzigartiger historischer Gebäudekomplex. Weniger beeindruckend ist der große Platz, der sich vor ihr ausbreitet. Wird der öffentliche Raum betrachtet, ist es mit dem imperialen Schmuck nicht weit her: Asphalt und Parkplätze kennzeichnen weite Teile des Wiener Heldenplatzes. Nutzung und Gestaltung müssten der Republik eigentlich peinlich sein.
Ein Platz im Zentrum der Republik
Der Heldenplatz hat schon Vieles gesehen. Die Kaiser der Monarchie, die Wirren der Ersten Republik und die Rede Adolf Hitlers im Jahr 1938. Den Besuch von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1983, 1993 das Lichtermeer gegen Ausländerfeindlichkeit, unzählige politische Kundgebungen und das alljährliche „Fest der Freude“ zum Jahrestag der Kapitulation des nationalsozialistischen Regimes.
Wohl kein Platz in Österreich ist historisch aufgeladener als der Heldenplatz. Man würde annehmen, dass sich diese Bedeutung auch in der Gestaltung des Platzes niederschlägt. Dass er für Repräsentation und Erholung, für Bewohner und Touristen, für Erinnerung und Kunst dient. Dass er für die ihn umgebenden Prachtbauten einen angemessenen Freiraum bietet.
Ein großer Teil des Heldenplatzes ist von Asphalt bedeckt. Die Fläche vor der Neuen Hofburg dient vor allem als Parkplatz. Auch in der weiteren Umgebung, bis hin zur Ringstraße, ist Asphalt allgegenwärtig. Die Grünflächen wirken auf der Karte zwar durchaus nicht klein, es handelt sich aber mehrheitlich um Rasenflächen ohne größere Büsche und Bäume.
Während der Sanierung des Parlamentsgebäudes diente der Heldenplatz als Aufstellfläche für zwei Container mit Büroräumlichkeiten. Vor der Entfernung der Container wurde die Neugestaltung des Platzes einmal mehr zum Thema. Passiert ist letztlich nichts. Vielleicht nicht das Schlechteste, denn planerische Schnellschüsse verträgt der Platz nicht. Unverständlich sind die immer wieder ventilierten Wünsche nach einem neuen Gebäude, das die freie Fläche beschneiden und das Gebäudeensemble beeinträchtigen würde. Ebenso kritisch zu sehen sind Wünsche nach einer Tiefgarage, die den Platz zu einem Verkehrserreger degradieren würde, inklusive andauernder Zu- und Abfahrten.
Um das Burgtor
Das von 1821 bis 1824 erbaute Burgtor dient Autoverkehr und Fiakern als Ein- bzw. Durchfahrt. Um das Burgtor fällt der mehrfach geflickte Asphalt und das Fehlen einer für diesen Ort adäquaten Pflasterung auf. Grünflächen bzw. größere Pflanzen gibt es hier überraschend wenige.
Alles Asphalt
Vor der Hofburg ist eine weite Asphaltfläche. Öffentlicher Raum und Architektur stehen in so offensichtlichem Widerspruch, dass sich eine nähere Erörterung erübrigt.
Parkplatz vor der Neuen Hofburg
Die Fläche um das Prinz-Eugen-Denkmal dient als Parkplatz. Die Grünflächen auf dieser Hälfte des Heldenplatzes sind deutlich kleiner als die auf der anderen.
Die Hofburg geht im Kern bis auf das 13. Jahrhundert zurück, die an den Heldenplatz grenzenden Trakte sind aus dem 17. Jahrhundert (Leopoldinischer Trakt) und dem 19. und 20. Jahrhundert (Neue Hofburg).
Breite Fahrbahn
Eine Fahrbahn teilt den Platz in zwei Hälften. Es handelt sich nicht nur um eine optische Trennung, sondern durchaus auch um eine verkehrliche, denn ein gewisser Kfz-Verkehr ist gegeben, auch Fiaker fahren durch.
Auf beiden Seiten der Straße haben sich alte – oder entsprechend nachgebaute – Straßenlaternen erhalten. Das ist nicht selbstverständlich. Die meisten historischen Laternen wurden in Wien schon vor Jahrzehnten abgebaut und durch schlichte Modelle oder Hängeleuchten ersetzt.
Vorm Leopoldinischen Trakt
In dem im 17. Jahrhundert erbauten Trakt befindet sich unter anderem die Präsidentschaftskanzlei. Vor der rund 150 Meter langen barocken Fassade ist eine breite Rasenfläche, rundherum ist Asphalt.
In Richtung Volksgarten und Ballhausplatz gibt es größere zusammenhängende Grünflächen und eine Allee.
Ums Erzherzog-Karl-Denkmal
Gerichtet auf das Halbrund der Neuen Hofburg und das davorstehende Denkmal von Prinz Eugen steht das zweite Reiterdenkmal des Heldenplatzes. Es stellt Erzherzog Karl (1771-1847) dar. Auch dieses Denkmal ist von Asphalt umgeben.
Autoabstellplatz am Volksgarten
An der Nordwestseite grenzt der Heldenplatz an den Volksgarten, davor ist ein Parkplatz. Eine Straße führt auf gerader Linie zum Ballhausplatz.
Hundezone und "Hinterhof"
Wer durch das westliche Tor vom Burgring auf den Heldenplatz kommt, findet sich auf einer merkwürdigen Ecke wieder. Die eigentlich sehr prominente Lage hat auf die Nutzung und Detailgestaltung des öffentlichen Raums keine wesentliche Wirkung. Prägend sind parkende Fahrzeuge, Asphaltflächen und eine Hundezone.
Trotz aller Tierliebe wird die Frage erlaubt sein, ob der politisch und historisch wichtigste Platz Österreichs wirklich der richtige Ort für eine große Hundezone ist. Oder andersherum: Vielleicht ist gerade das ganz typisch für Österreich. Ein Land, das seinen Sinn für großräumige und dauerhafte Stadtgestaltung verloren hat und dessen Horizont zuweilen nicht über die nächste Thujenhecke reicht.
Tristesse am Ballhausplatz
Der erst 2017 neu gestaltete Ballhausplatz ist eine mit Pollern gespickte Asphaltfläche. Emblematisch für Zustand und Desinteresse der hier ansässigen Politik?
Vor dem Burgtor
Auch vor dem Burgtor, auf der Ringstraße und am Maria-Theresien-Platz wird auf Asphalt als Bodenbelag gesetzt. Die Fläche vor dem Eingang zum Heldenplatz präsentiert sich als Nebeneinander von Verkehrsflächen, Schildern und Ampeln.
Vernachlässigte Ringstraße
Dass die Ringstraße vielerorts als Parkplatz dient und für Kfz bis zu neun Spuren bereithält, passt ins Gesamtbild. Das Aufpinseln von teils mit Fußgängern geteilten Radwegen mag als Übergangslösung akzeptabel sein, eine dauerhaft attraktive und für den Radverkehr adäquate Lösung ist das nicht. Man wird um eine Neuordnung des Verkehrs auf der Ringstraße und eine am historischen Originalzustand orientierte Umgestaltung langfristig nicht umhinkommen, soll Wiens Prachtstraße ihrem Namen wieder gerecht werden. Dabei sollte auch über Aufstellungsorte, Größe und Design der ubiquitären Schaltkästen nachgedacht werden.
Wie könnte der Heldenplatz künftig aussehen?
Was heute der Heldenplatz ist, ist eigentlich Teil eines unvollendeten Gesamtkonzepts. Das einst geplante Kaiserforum, das von der Hofburg über die beiden Museen bis zum heutigen Museumsquartier hätte reichen sollen, wurde nie realisiert. Entstanden wäre ein monumentaler zusammenhängender Platz. Die Neue Hofburg hätte einen zweiten, gespiegelten Flügel erhalten, womit eine Wirkung ähnlich dem Petersplatz in Rom entstanden wäre.
Der in der Monarchie angestrebte herrschaftliche Gestus wird heute in dieser Form nicht mehr gebraucht. Das unvollendete Projekt erlaubt es dafür, den Heldenplatz an die Bedürfnisse unserer Zeit anzupassen und zugleich dem einzigartigen historischen Ensemble Rechnung zu tragen. Begrünung und Verschönerung, Verkehrsberuhigung und historisch adäquate Gestaltung sollten die Leitlinien sein. Nichts, was sich von heute auf morgen planen und realisieren lässt. Zu sensibel ist der Platz, zu historisch beladen und belastet seine Geschichte.
Für jede Änderung braucht es ohnehin die Zusammenarbeit mit der Burghauptmannschaft, die Eigentümerin von Hofburg und Heldenplatz ist. Die Burghauptmannschaft gehört zum Bund, nicht zur Stadt Wien. Die Stadt hat also keinen direkten Einfluss auf den Heldenplatz. Es braucht sie aber, wenn es um das Umfeld und die Verkehrsorganisation geht. Die Initiative für eine Veränderung müsste jedenfalls von der Bundesregierung ausgehen.
Was könnte sich am Heldenplatz verändern? Was sollte lieber bleiben, wie es ist? Hier einige Gedanken:
- Entfernung der Asphaltflächen und Ersetzung durch eine gebundene Decke („gestampfter Sand“) und eine lockere Steinpflasterung nach dem Schwammstadtprinzip. Bei der Wahl des Materials könnte ein Kompromiss zwischen Größe und Art der in Wien ehemals überall gegenwärtigen Kopfsteine und einem barrierefreien Belag mit glatten Steinen angestrebt werden (Beispiele für Pflasterungen in Europa gibt es hier).
- Vergrößerung der Grünflächen in Abstimmung mit dem Denkmalamt und der Unesco. Ziel müssen die größtmögliche Entsiegelung und die Pflanzung möglichst vieler Bäume sein. Dabei müssen die Verträglichkeit mit dem historischen Erbe und der Erhalt der Wirkung des Platzes gewahrt werden. Wichtige Sichtachsen dürfen nicht beeinträchtigt werden.
- Verschmälerung der Fahrbahn: Die Zu- und Durchfahrt sollte nur noch für Einsatzfahrzeuge und bei genehmigten Ausnahmen erlaubt sein.
- Entfernung der Parkplätze: Halteplätze müssen für die Zulieferung geschaffen werden, etwa für die hier befindlichen Museen. Die für die OSCE usw. reservierten Parkplätze müssen verlegt werden, wofür auch Garagenplätze in der Umgebung angemietet werden könnten (z.B. am Neuen Markt). Vereinzelte, temporär genutzte Parkplätze, etwa für das Bundeskanzleramt und die Präsidentschaftskanzlei, scheinen vertretbar.
- Keine neuen Gebäude: Es darf nicht zu einer „Verhüttelung“ durch Imbissstände, Gastgärten und dergleichen kommen. Größere Gebäude sollten gar keine errichtet werden, auch keine Museumsbauten. Zu groß ist das Risiko einer Störung des historischen Gebäudeensembles und der Verlust an öffentlichem Raum. In der Nähe gibt es ohnehin schon sehr viele Museen. Flächen für Begrünung sollte der Vorzug gegeben werden.
- Keine Kommerzialisierung: Der Heldenplatz darf nicht zu einem zweiten Rathausplatz oder einer zweiten Kaiserwiese (im Prater vorm Riesenrad) werden. Der Platz sollte als dauerhafte Freifläche für die Bevölkerung erhalten bleiben. Er sollte nicht durch zu viele Veranstaltungen immer wieder abgesperrt und mit Fahrzeugen und Containern verstellt werden.
- Aufstellen von Bänken, um konsumfreie Sitzgelegenheiten für alle zu schaffen. Die Bänke sollten in traditionellem Design ausgeführt sein, um möglichst zeitlos zu wirken.
- Weniger ist mehr: Historisch bedeutende Orte wie der Heldenplatz dürfen nicht durch undurchdachte Änderungen beeinträchtigt werden. Der Platz muss ein Platz bleiben – für Kundgebungen, wichtige Veranstaltungen und auch um sich einfach darauf aufzuhalten. Freie Flächen müssen bestehen bleiben. Das muss auch bei der Entsiegelung (Begrünung) berücksichtigt werden, die kein Selbstzweck sein darf.
- Kein Verstellen mit zu vielen Gegenständen: Bei Neugestaltungen werden öffentliche Räume manchmal mit zu vielen Objekten vollgepackt, etwa wilde Mischungen verschiedenster Sitzgelegenheiten. Das kann auch einengend wirken und einem Platz die Flexibilität nehmen. Der Heldenplatz eignet sich nicht als Spielwiese modischer Experimente.
- Platz für Erinnerung: Der Heldenplatz war ein zentraler Ort in dunklen Perioden der Geschichte Wiens (Stichwort: „Hitler-Balkon“). Die Geschichte des Platzes könnte in einer öffentlichen Dauerausstellung niederschwellig beleuchtet werden – in einem der angrenzenden Gebäude oder im Freien.
- Neugestaltung des Ballhausplatzes: Die Asphaltierung und Bewehrung durch Poller hat dem Ballhausplatz beim letzten Umbau (2017) nicht gutgetan. Die inferiore Gestaltung sollte restlos entfernt werden, der Ballhausplatz zusammen mit dem Heldenplatz einheitlich neugestaltet werden.
- Neugestaltung des Platzes vor dem Burgtor an der Ringstraße durch Ersetzen von Asphalt durch Pflastersteine und – in Abstimmung mit Denkmalamt und Unesco – eine maßvolle Begrünung.
- Neugestaltung der Ringstraße durch Reduktion der Flächen für Kfz, Entfernung von Parkplätzen, Trennung von Fußgänger- und Radverkehr, Pflasterung statt Asphalt.
- Neuer Bodenbelag für den Maria-Theresien-Platz – kein Asphalt.
Kontakte zu Stadt & Politik
- SPÖ Wien: kontakt@spw.at, Tel. +43 1 535 35 35
- ÖVP Wien: info@wien.oevp.at, Tel. +43 1 51543 200
- Die Grünen Wien: landesbuero.wien@gruene.at, Tel. +43 1 52125
- NEOS Wien: wien@neos.eu, Tel. +43 1 522 5000 31
- FPÖ Wien: ombudsstelle@fpoe-wien.at, Tel. +43 1 4000 81797
(Die Reihung der Parteien orientiert sich an der Anzahl der Mandate im November 2020.)
Verfall und Abrisse verhindern: Gemeinsam gegen die Zerstörung! (Anleitung mit Infos und Kontaktdaten)
Alle Fotos in diesem Beitrag sind (c) Georg Scherer / wienschauen.at.
WienSchauen.at ist eine unabhängige, nicht-kommerzielle und ausschließlich aus eigenen Mitteln finanzierte Webseite, die von Georg Scherer betrieben wird. Ich schreibe hier seit 2018 über das alte und neue Wien, über Architektur, Ästhetik und den öffentlichen Raum.
Wenn Sie mir etwas mitteilen möchten, können Sie mich per E-Mail und Formular erreichen. WienSchauen hat auch einen Newsletter: