Liegen einige Studien und Umfragen richtig, lehnen viele Menschen Gebäude in modernen Baustilen ab. Alte und alt wirkende Stile werden bevorzugt. Zwischen den Ansichten von Architekten und Laien scheint es eine große Kluft zu geben. – Kann das tatsächlich stimmen?
In diesem Artikel werden einige Studien und Umfragen vorgestellt, bei denen vor allem eine Fragestellung im Mittelpunkt steht: Welche Gebäude gefallen? Welche sind unbeliebt? Und warum werden manche Gebäude abgelehnt? Hier eine Kurzfassung:
- Öffentliche Gebäude in traditionellen Stilen sind beliebter.
- Alte und alt wirkende Stile werden bei Wohnhäusern und Nicht-Wohnhäusern als schöner empfunden.
- Die tendenziell negative Bewertung von moderner Architektur durch Laien ist unabhängig von demografischen Faktoren und politischem Wahlverhalten.
- Detailreiche, dekorierte und fraktale Architektur wird bevorzugt – unabhängig vom Alter und Stil der Gebäude.
- Monotone, detailarme Fassaden werden abgelehnt.
- Architekten bewerten Häuser teils nach anderen Kategorien als Laien. Sie finden oftmals auch andere Häuser schön.
- Lokale traditionelle Architektur wird geschätzt, eine damit brechende neue Architektur eher abgelehnt.
- Alte Häuser sind beliebt, Gebäude der Nachkriegszeit aber weniger.
Etliche der in diesem Artikel angeführten Studien und Umfragen sind nur beschränkt aussagekräftig. Auch die Unterscheidung zwischen modern/zeitgenössisch und traditionell/alt ist problematisch und wird den vielfältigen Epochen, Baustilen und Strömungen nicht gerecht. Andere zentrale Aspekte wurden gar nicht abgefragt (Baumaterialien, Flächenaufteilung, Freiräume, Klimawandel-Anpassung, Nutzungsoffenheit, soziale Aspekte usw.). Zur Einschätzung von Gefallen und Schönheit braucht es sicherlich viel grundlegendere Kriterien.
USA: Öffentliche Gebäude in alten Stilen beliebter
In einer Umfrage unter 2039 US-Amerikanern wurde erhoben, welche öffentlichen Gebäude auf Gefallen stoßen und welche nicht.[1] Dabei wurde unabhängig von Wahlverhalten, Alter, Geschlecht, Religion, Hautfarbe/Ethnizität, Wohnort und Bildungsniveau deutlich: traditionelle Architektur ist beliebter. Am unbeliebtesten waren moderne Gebäude mit schmucklosen grauen Betonfassaden und repetitiv angeordneten Fenstern.
Frauen bevorzugten traditionelle Architektur häufiger als Männer:
Das Resultat hielt auch unter Berücksichtigung von Bildung und sozioökonomischem Status:
Die typischen Merkmale des „Elitestatus“ – höheres Einkommen und Bildungsniveau – schmälern die Vorliebe für traditionelle Architektur nicht. Sie ist die klare Wahl der Amerikaner mit einem Haushaltseinkommen von unter 50.000 Dollar (73%) und derjenigen mit einem Haushaltseinkommen von über 100.000 Dollar (70 %); derjenigen mit einem High-School-Abschluss oder weniger (72 %); und derjenigen mit einem Bachelor-Abschluss oder mehr (72%).
In der Studie des Marktforschungsunternehmens The Harris Poll wurden sieben perspektivisch passende Fotopaare ähnlich großer Gebäude gebildet, zwischen denen die Teilnehmer zu wählen hatten. Eine differenzierte Meinung zu den Gebäuden oder eine Wertung nach Punkten wurde nicht eingeholt – eine methodische Schwäche. Ein Bildpaar aus der Umfrage ist unten zu sehen. Für das Beispiel von traditionellem Design wurde ein Gebäude herangezogen, das einem eher modernen Klassizismus folgt.
Das nächste Paar erzeugte die höchste Differenz. Die brutalistische Architektur hatte keine Chance gegen den aufgrund des perspektivisch verzerrten Fotos etwas klobig wirkenden Klassizismus.
Am wenigsten ausgeprägt war der Unterschied beim nächsten Bildpaar. Das hier als modern fungierende Gebäude wurde vielleicht deswegen vergleichsweise gut bewertet, da es einige traditionelle Elemente zitiert: Sichtziegel, Sprossenfenster und einen vorgesetzten Fassadenteil, der an historische Fenster erinnert.
Typische Gebäude werden besser erkannt
Ebenfalls mit Fotos öffentlicher Gebäude arbeitete der Umweltpsychologe und Stadtplaner Jack Nasar. In einer 2020 vorgestellten Arbeit waren 28 Personen Fotos von 36 öffentlichen Gebäuden gezeigt worden.[2] Ein Teil der Gebäude wurde vor 1900 erbaut, ein anderer nach 1980. Die Forschungsfrage war, welche für die Teilnehmer wie Gerichtsgebäude aussähen. Wenig überraschend wurden bevorzugt ältere (und größere) Gebäude genannt. Als Marker ließen sich ermitteln: Säulen, Giebel, weiße Farbe, Symmetrie.
Die Aussagekraft der Studie ist sehr begrenzt. So wurden keine zwischen nach 1900 und vor 1980 errichteten Gebäude berücksichtigt. Zudem wurde bloß abgefragt, welcher Typ von Gebäude mit einem Gerichtsgebäude identifiziert wird. Auf ästhetische Präferenzen lässt sich daraus nicht schließen. Die einzige Erkenntnis ist, dass gewisse Prototypen als Gerichtshöfe erkannt werden. Somit haben die modernen Gebäude zumindest die Prämisse „form follows function“ in gewisser Weise nicht recht erfüllt, denn ihre Funktion konnte nicht gut erkannt werden.
UK: Konventionell gestaltete Wohnhäuser bevorzugt
In einer Studie von 2015 mit 1000 Personen wurden Meinungen zum Bau von neuen Wohnquartieren in der eigenen Wohnumgebung abgefragt. Das Foto der Häuser mit traditionellem Baustil erhielt die höchste Zustimmung.[3]
Die Zustimmung zu Neubauprojekten war im Fall von beliebten Baustilen viel größer. Selbst bei jener Personengruppe, die sich prinzipiell gegen den Bau neuer Wohnquartiere in ihrer Wohnumgebung ausgesprochen hatte, würden immer noch 51% dem Bau von Häusern des am besten bewerteten Stils zustimmen. Der am besten bewertete Stil zeigt eine Häuserzeile im englischen Poundbury, einer kleinen Planstadt mit neo-traditioneller Architektur, die regelmäßig den Spott der Fachwelt auf sich zieht. Werden also Gebäude gebaut, die besser gefallen, verringert sich der Widerstand gegen diese Bauprojekte erheblich. Das müsste Immobilienentwicklern eigentlich zu denken geben.
Lassen sich die hier sichtbar gewordenen Ergebnisse als Kluft zwischen intellektueller und künstlerischer Elite (zeitgenössische Architektur) und der übrigen Bevölkerung (traditionelle Architektur) deuten? In eine solche Richtung denkt zumindest der tschechische Architekturhistoriker Jan Michl. Er findet es …
… merkwürdig, dass [öffentliche] Hochschulen die gesamte Bandbreite der ästhetischen Bedürfnisse in der Gesellschaft weitgehend ignorieren und dass über mehrere Generationen hinweg nur eine bestimmte Art von Ästhetik unter Ausschluss aller anderen vermittelt wurde (…) Man würde erwarten, dass Hochschulen, die von modernen demokratischen Regierungen geleitet werden, sich verpflichtet fühlen, nicht nur das Idiom zu bedienen, das bei Designern, Architekten und Kunstschaffenden selbst beliebt ist, sondern auch andere Kategorien bestehender stilistischer und geschmacklicher Präferenzen (…) Dies ist jedoch nicht der Fall. (…) Das hat zur Folge, dass wir eine große Anzahl von normalen, nicht kunstinteressierten Menschen, die außerhalb unserer kleinen ghettoartigen Kunstwelt leben, im Stich lassen.[13]
UK: Alt wirkende Stile bei Neubauten beliebter
Eine 2009 veröffentlichte Umfrage[4] des britischen Meinungsforschungsinstituts YouGov stellte 1042 Personen folgende Frage:
Stellen Sie sich vor, in der Nähe Ihres Wohnorts soll ein neues Gebäude gebaut werden. Es werden vier verschiedene Entwürfe vorgeschlagen. (…) Welches würden Sie am liebsten in Ihrer Nähe bauen lassen?
Diese Varianten standen zur Auswahl:
Das Ergebnis war über unterschiedliche Altersgruppen, Einkommensgruppen und Bewohner verschiedener Regionen hinweg relativ konstant:
- 23% präferierten Bild 1 und 4 („zeitgenössisch“)
- 77% präferierten Bild 2 und 3 („traditionell“)
Dazu kommentierte der Architekt Robert Adam, dessen Büro bei der Erstellung der Umfrage beteiligt war und der selbst mit Fokus auf ältere Stile entwirft:
Diese längst überfällige Untersuchung von YouGov zeigt, dass die Menschen eine starke Meinung über den Stil von Nicht-Wohnhäusern in ihrer Umgebung haben. Dieses interessante Ergebnis schließt an frühere Umfragen an, die durchwegs gezeigt haben, dass traditionelle [Wohn-]Häuser in der Öffentlichkeit beliebter sind.
Und an anderer Stelle:
Ich nehme nicht an, dass dies die Art und Weise, wie die meisten Architekten entwerfen, ändern wird, aber jetzt wissen sie zumindest, dass sie es trotz der Ablehnung durch die Bevölkerung tun.
Audun Engh, ein norwegischer Fürsprecher (neo-)traditioneller Architektur, sieht in dieser Diskussion einen Riss zwischen Elite und der Mehrheit der Bevölkerung manifest werden:
Den Menschen wird die klare Botschaft vermittelt, dass man durch die Akzeptanz des Modernismus Zugang zum kulturellen Establishment erhält (…) Wer ehrlich ist und seine wahre Vorliebe für traditionelles Design zeigen, erntet nur Spott und Peinlichkeit.[15]
Schweden: Moderne Architektur hat es schwer
Eine 2021 vorgestellte Umfrage[11,12] unter 1090 Schweden ergab:
- 63% bevorzugten verzierte Fassaden, 18% schnörkellose. 19% gaben keine Antwort.
- 43% wollten, dass Bürger mehr Einfluss auf die Gestaltung von Gebäuden haben. 8%, dass sie weniger Einfluss haben. 25% waren sich unsicher.
- 75% wünschten sich, dass Kommunen Vorschriften für die äußere Gestaltung von Neubauten beschließen.
- 70% wollten in Häusern wohnen, die wie aus dem späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert aussehen. Nur 30% bevorzugten Häuser mit zeitgenössisch-moderner Architektur.
- Bei der Gegenüberstellung von zwei bekannten Museen präferierten 86% das alte und nur 2% das neue (Fotos unten). 12% gefielen beide.
Der Vergleich der beiden Museen ist natürlich wenig aussagekräftig, alleine aufgrund des Größenunterschieds. Zum Bau des alten Gebäudes waren ohne Zweifel enorme finanzielle Mittel aufgebracht worden. Zudem sind Museumsbauten seit jeher ganz absichtlich künstlerisch herausragend. Sie wollen Aufmerksamkeit auf sich ziehen – und sei es durch nackten Beton. Interessanter ist jener Teil der Umfrage, der die Wohnumgebung der Probanden anspricht. Wie das erhoben wurde (direkte Fragen? Fotos?) ist nicht ganz klar. Die geäußerten Meinungen waren jedenfalls über diverse soziodemografische Faktoren hinweg konstant (Geschlecht, Alter, Wohlstand, Bildung, Mieter und Eigentümer, Stadt- und Landbewohner).
Arvid Hallén vom Thinktank Oikos, dem Auftraggeber der Studie, und der Architekt Eric Norin kommentierten die Ergebnisse so:
Es ist nicht nur ein demokratisches Problem, sondern auch ein Marktversagen. Die Menschen haben nicht die Möglichkeit, in neu errichteten Häusern im traditionellen Stil zu leben, den sie verlangen (…). Dass sich die Präferenzen der Käufer nicht auf das Produkt auswirken, zu dessen Kauf sie mangels Alternativen gezwungen sind, wirft kein gutes Licht auf die Bauindustrie und Marktwirtschaft.
Barock und Jahrhundertwende beliebt, 1960er unbeliebt
In einer 2023 veröffentlichten schwedischen Studie wurden 109 „City Center Manager“ nach ihren Architekturpräferenzen befragt.[22] Darunter waren Personen aus dem Tourismusmanagement, für Wirtschaftsangelegenheiten verantwortliche Personen im Dienste von Kommunen, Planungsbeauftragte, Verwaltungsbeamte und Personen aus der Immobilienbranche. Den Teilnehmern wurden sechs Fotos von Gebäuden bzw. urbanen Straßenabschnitten mit Architektur aus unterschiedlichen Bauperioden gezeigt. Jedes Foto wurde auf mehreren Skalen bewertet. Das Ergebnis in absteigender Präferenz:
- (F) Die Gebäude aus dem 18. und 19. Jahrhundert wurden in allen Kategorien als die attraktivsten bewertet: Als am besten, um darin zu wohnen, sich in der Nähe aufzuhalten, sowie am geeignetsten, um Sicherheit, Freude und Kreativität zu fördern und Besucher und Bewohner anzulocken.
- (D) Das zweitattraktivste Straßenbild zeigt Architektur aus den Jahren um 1900. Die empfundene Attraktivität wird selbst durch den unschönen Vordergrund nicht gestört.
- (B) Das Bild mit dem drittattraktivsten Straßenbild zeigt zeitgenössische Architektur mit großen Balkonen, erbaut 2010.
- (A) Das viertattraktivste Straßenbild zeigt Gebäude aus den 1920er-Jahren mit dunkler Backsteinfassade.
- (C) Das moderne funktionalistische Gebäude aus den 1930ern lag an fünfter Stelle.
- (E) Am wenigsten gemocht wurde ein Gebäude aus den späten 1960ern.
Schlussfolgerung:
Straßenbilder mit vielfältigen Details, Verzierungen und Dächern werden homogenen Straßenbildern mit modernistischem Design vorgezogen. Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass City Center Manager klassische Architektur der modernistischen vorziehen (…) Die beiden in der Studie bevorzugten Straßenbilder umfassen Fassaden mit klassischer Architektur und vormodernem Stil, sowie mit deutlich markierten Erdgeschossen, Eingängen zur Straße hin, Fenstern mit Sprossen, Verzierungen und ausdrucksstarken Dachsilhouetten.
Traditionelle Ästhetik beliebter
Bei einer Studie wurden 28 Teilnehmern 360°-Videos in einer virtuellen Umgebung gezeigt.[21] Als Material fungierten acht Aufnahmen von Straßen und Plätzen in Oslo (Norwegen). Szenen mit traditioneller Ästhetik – also geprägt durch Gebäude mit Dekor und Symmetrie – wurden positiver bewertet als jene mit Gegenwartsarchitektur. Die Unterschiede waren aber nicht extrem groß.
Komplexität wird präferiert
In einer von 144 Personen – fast alle aus Europa – durchgeführten Onlinestudie wurden Fotos von alpinen Landschaften herangezogen, die teils per Bildbearbeitung verändert worden waren. Präferiert wurden Fotos, in denen Gebäude, Pflanzenarrangements oder abstrakte Formen mit hoher Komplexität eingefügt waren. Niedrige Komplexität – also eingefügte Elemente weniger Details – wurde schlechter bewertet. Besonders interessant: Waren Gebäude eingefügt, die stilistisch nicht in die Landschaft passen (Tiroler Berge), wurde das trotzdem positiv bewertet – aber nur dann, wenn die Fassadengestaltung komplex war.[14]
Die Auswertung unten zeigt vier Varianten eines Bildes. Bei Variante 6a ist ein Gebäude mit traditioneller persischer Architektur eingefügt. Diese Variante wurde gegenüber den modernen Fassaden (6c und 6d) extrem präferiert.
Ein ähnliches Ergebnis ist unten zu sehen. Das dekorierte Gebäude im alten persischen Stil (7a) wurde gegenüber dem Bauhaus-Gebäude (7c) und einer adaptierten Variante davon (7b) sehr bevorzugt. Wurde der Dekor des traditionellen Gebäudes entfernt (7d), fiel die Präferenz stark, lag aber immer noch höher als bei den klassisch-modernen Fassaden.
Die Conclusio der Studie:
Wenn künstliche Formen in eine natürliche Szene [alpine Landschaft] eingefügt werden, korreliert der Grad der allgemeinen und ästhetischen Präferenz mit der fraktalen Dimension der Form: Komplexere Formen werden nicht nur als schöner, sondern auch als interessanter wahrgenommen.
Die Erhöhung der Komplexität im natürlichen Maßstab durch das Hinzufügen natürlicher Elemente erhöht die wahrgenommene Schönheit der Szene. Dies gilt auch dann, wenn diese Elemente der betreffenden Landschaft fremd sind und als solche erkannt werden [z. B. Palmen in alpiner Landschaft].
Das Hinzufügen von Gebäuden mit einem hohen Grad an organisierter Komplexität erzeugt Bilder, die immer bevorzugt und als schöner angesehen werden als Bilder, bei denen den hinzugefügten Gebäuden dieses Merkmal fehlt. Das ist unabhängig von der Beliebtheit des jeweiligen Baustils.
Architekten und Laien sehen anders
Architekten und Laien fassen Architektur offenbar anders auf. Bereits in den 1960ern führte der US-amerikanische Architekturforscher Robert G. Hershberger …
… diese Unterschiede auf die Berufsausbildung von Architekten zurück. Seine Studie verglich die Bedeutung von Gebäuden mit Architekten, in Ausbildung befindlichen Architekten und Nicht-Architekten und stellte fest, dass sich Architekten und Nicht-Architekten bei 53 von 125 Vergleichen signifikant unterschieden.[9]
Architekten haben andere Präferenzen als Laien:
Die Gruppenunterschiede in der Präferenz können das Ergebnis von vorgefassten Ansichten, Designschulungen, die das Verständnis des Architekturstudenten für Symbole verändern und eine Fachsprache einführen, oder von Erfahrungen am Arbeitsplatz (…) sein. Dies führt offensichtlich zu einer Reihe unterschiedlicher Gestaltungskriterien und -werte. Besonders die Architekturausbildung scheint eine Abneigung gegen populäre Stile zu fördern.
In eine ähnliche Richtung argumentieren der Stadtforscher Michael Mehaffy und der Physiker Nikos Salingaros. Auf eine Reihe von Studienergebnissen gestützt bezeichnen sie dieses Phänomen als „architektonische Kurzsichtigkeit“. „Anstelle einer zusammenhängenden Welt harmonischer geometrischer Beziehungen und Zusammenhänge“ sähen Architekten die Welt als Anhäufung von Objekten, „die sich mit unverwechselbaren, aufmerksamkeitserregenden Qualitäten von ihrem Kontext abheben.“ Die behaupete Auseinanderentwicklung zwischen Architekten und Laien sei Folge grundlegender gesellschaftlicher Veränderungen:
Mit dem Aufkommen der industriellen Revolution und deren Fokus auf austauschbare Teile begann sich die traditionelle Vorstellung von Architektur, die sich dem Kontext anpasst, zu ändern. Ein Gebäude wurde zu einem austauschbaren industriellen Designprodukt, das ein Bild vermitteln sollte (…) Das Gebäude selbst wurde zu einer Art Reklame für den Bauherrn und den Architekten (und im Fall von Wohnhäusern für den Hausbesitzer, der ein Statussymbol sucht). Der Kontext war bestenfalls eine Nebensache, schlimmstenfalls eine Ablenkung von der durch das Objekt erzeugten visuellen Aufregung.[16]
Architekten vs. Laien: Markante Unterschiede
In einer offenbar noch nicht durch Peer-Review geprüften Studie von 2021 wurden Aufnahmen von 23 Gebäuden aus unterschiedlichen Bauperioden herangezogen.[5] Die 163 Teilnehmer – v.a. aus Kanada und Großbritannien – wurden auf Konferenzen der Bauindustrie rekrutiert. Es wurde zwischen drei Gruppen unterschieden: Architekten, Personen aus dem Bausektor (Bauleiter, Zeichner, Bauherren usw.) und Laien. Ergebnisse:
- Architekten und Laien präferierten unterschiedliche Gebäude.
- Diese Unterschiede zeigten sich auch bei der Bewertung historischer Gebäude. Diese wurden von den Laien am besten bewertet.
- Nur geringe Unterschiede bestanden bei durchschnittlichen, seit 1950 errichteten Gebäuden (Nachkriegsmoderne etc.).
- Es gab große Unterschiede in der Bewertung der verschiedenen modernen „individualistischen Gebäude im gehobenen Stil“ durch Architekten und Laien.
- Historische Gebäude und Nachbauten solcher Gebäude wurden von allen Gruppen sehr geschätzt.
Zwischen den als „individualistisch“ klassifizierten Gebäuden gab es erhebliche Unterschiede bei der Präferenz. Folgende Gebäude fallen in diese Kategorie:
Die Einstellung zu diesen Gebäuden schwankte erheblich. Das im minimalistischen Bauhaus-Stil gehaltene Gebäude erzielte bei Architekten einen sehr hohen Wert. Unter Nicht-Architekten war die Bewertung deutlich niedriger.
Bei der Hälfte der abgefragten Gebäude hatten Architekten und Nicht-Architekten unterschiedliche Ansichten (höhere Werte = beliebter). Herausragende Bewertungen von allen Gruppen erhielt das im 17. Jahrhundert erbaute Riddarhuset in Stockholm[6]:
Die Einschätzungen korrelierten mit Adjektivpaaren, die auf einer eigenen Skala für jedes Gebäude angegeben wurden. Das Paar schön/hässlich weist bei allen Gruppen den stärksten Zusammenhang mit der Präferenz auf. Die Frage der Schönheit ist dem zufolge die entscheidende, wenn es um die Bewertung von Gebäuden geht. Unabhängig davon ist auch aus der Neurowissenschaft bekannt, dass das Empfinden von Schönheit und Hässlichkeit mit unterschiedlicher Gehirnaktivitäten verknüpft sind – was die Relevanz des Begriffspaars unterstreicht.[24] Zudem gibt es kausale Verbindungen zwischen Hässlichkeit und Stress.[34]
Ein einzelnes Gebäude stand außerhalb der drei in der Studie genutzten Kategorien. Die 1998 erbaute Bibliothek nimmt historische Formen und Materialien auf, ohne aber ein bloßes Replikat zu sein. Das Gebäude erhielt Bestwerte und wurde auch von Architekten geschätzt.
Interessant ist auch ein anekdotisches Detail aus der Studie:
[A]uch wenn die meisten Architekten in Diskussionsrunden [das Neue Schloss in Stuttgart] nicht als Rekonstruktion identifizieren konnten, veränderte sich ihre Wahrnehmung des Gebäudes dramatisch, wenn es ihnen gesagt wurde – aber es kam darauf an, welche Informationen sie genau hatten. Dachten sie, das Original sei im Krieg zerstört und an der gleichen Stelle wieder aufgebaut worden (wie im Fall des Stuttgarter Schlosses), wurde das allgemein akzeptiert; wenn es ein paar Straßen weiter wiedererrichtet wurde, wurde die Einstellung schlechter (…)
Weniger Dekor - weniger schön
In einer an der Universität Wien verfassten Arbeit[20] nahmen 160 Personen teil, die sich in drei Gruppen aufteilten:
- Laien
- Architekturinteressierte
- beruflich mit Architektur beschäftigte Personen
Es handelte sich um eine Online-Umfrage, bei der Hausfassaden verschiedener Bauperioden aus Wien gezeigt wurden. Die Bewertung erfolgte mittels mehrerer Skalen. Ergebnisse:
- Laien und Architekturinteressierte beurteilten die Hausfassaden von Gründerzeit, Jugendstil und Moderne in sehr ähnlicher Weise.
- Architekten wichen in ihrer Beurteilung teils deutlich von den anderen ab.
- Von der Architektengruppe wurden Jugendstilfassaden schöner beurteilt als die der (etwas älteren) Gründerzeit.
- Moderne Fassaden wurden von den Architekten weit weniger schlecht beurteilt als von den anderen Gruppen.
Die in der Studie genutzten Grafiken wurden mehrfach variiert – von viel Gestaltungselementen (Originalfassaden) bis gar keine (glatte Fassaden, ohne Dekor). Umso weniger Gestaltungselemente, desto weniger gefielen die Fassaden:
Die Gruppen unterschieden sich signifikant:
- Je weniger Details eine Fassade aufwies, desto schlechter wurde sie bewertet – vor allem durch Nicht-Architekten.
- Architekten unterschieden sich von Nicht-Architekten stark: Sie beurteilten Fassaden mit vielen Details schlechter als Nicht-Architekten und Fassaden ohne Details im Vergleich deutlich besser.
- Auch architekturinteressierte Personen urteilten anders als Architekten.
Die der obigen Grafik zugrundeliegende Veränderung der Fassadenbilder sah beispielsweise so aus (die Bilder wurden einzeln gezeigt, es gab mehrere solcher Beispiele):
Vielfältige Fassaden gefallen mehr
Eine weitere an der Universität Wien verfasste Arbeit[31] mit einer Stichprobe von 30 Personen erbrachte vergleichbare Ergebnisse:
- Je mehr Zierflächen und Mauervorsprünge (Gesimse, Giebel, Säulen, Erker usw.), desto besser war das Schönheitsurteil.
- Umso mehr leere und unverzierte Flächen, desto geringer war das Gefallensurteil.
- Der Anteil der Fensterfläche an der Fassade hatte keine Auswirkungen auf das Gefallen.
- Je vertrauter eine Fassade erschien, desto höher war das Gefallensurteil.
- Ältere Fassaden wurden positiver bewertet als neuere.
Bei der Durchführung der Arbeit stellte sich heraus, …
… dass die meisten Personen zwar generell damit Schwierigkeiten hatten, ihr jeweiliges Schönheits- bzw. Hässlichkeitsurteil verbal zu begründen („Warum weiß ich auch nicht. Es ist einfach schön!“), dass für die als hässlich beurteilten Fassaden aber deutlich mehr und ausführlichere Explanationen und Assoziationen gegeben werden konnten als für die als „schön“ bewerteten.
Bereits in einem 1978 veröffentlichten Artikel behandelte der Gesundheitspsychologe Rainer Maderthaner die Frage von Fassaden und Gefallensurteilen.[32] In einer seiner Studien bewerteten 43 Personen Bilder von Hausfassaden, Straßenansichten und – mittels Luftbildern – Siedlungsformen auf verschiedenen Skalen (u.a. „interessant“, „gefallen“):
- Es gab einen starken Zusammenhang von Gefallen und Informationsgehalt der Fassaden (Dekor, gemauerte Vorsprünge, Einrahmungen usw.).
- Fassaden mit mehr Details gefielen besser als Fassaden mit weniger Details.
- Bei Strukturen gleicher Komplexität wurden jene bevorzugt, die als interessanter empfunden wurden. Dieser Effekt kam besonders bei niedriger Komplexität zum Tragen.
Riss zwischen Architekten und Bevölkerung?
Eine in Chile durchgeführte Studie fand heraus, dass Architekten andere Häuser bevorzugten als Nicht-Architekten.[19] In der Studie wurden Fotos von Einfamilien- und typischen Wohnhäusern herangezogen. Insgesamt 156 Personen nahmen teil. Ergebnisse:
- Die meisten Nicht-Architekten lehnten zu viel Experimentieren ab.
- Architekten gefiel Haus F am besten und Haus G am wenigsten.
- Nicht-Architekten gefiel Haus B am besten und Haus F am wenigsten.
Die Fotos oben sind aus der Studie. Unten ist die Bewertung der Architekten (AA) und der Nicht-Architekten (NA). Die Studienautoren:
Das bei den Architekten beliebteste Haus wurde von den Nicht-Architekten zum schlechtesten gewählt (…) Architekten mit akademischer ästhetischer Ausbildung stützten ihre Urteile auf Fragen der Reinheit des Designs, des Volumens und der Komposition. Umgekehrt suchte die nicht fachkundige Person nach „traditionellen“ Merkmalen, die Sicherheit und Vertrautheit ausdrücken (z. B. „ländlich“, „heimelig“ und „modern“).
Alte und ikonische Gebäude beliebter
Auch von ganz anderer Seite gibt es Hinweise auf eine Kluft zwischen Experten und Laien: Bei einer 2007 vorgestellten Umfrage[10] in den USA wurde nach den beliebtesten Gebäuden des Landes gefragt. Rund 2000 Personen wurden dafür von einem Marktforschungsinstitut befragt, Basis bildete eine Auswahl von 247 Gebäuden. Beauftragt wurde die Umfrage vom Berufsverband AIA (American Institute of Architects).
Die beliebtesten Gebäude waren alle entweder älter oder mehr oder minder in einem traditionellen Stil gehalten. Klar als modern bzw. zeitgenössisch assoziierte Architektur fand sich in den oberen Rängen kaum. Rang 22 wurde etwa vom 1998 eröffneten Hotel Bellagio in Las Vegas eingenommen, dessen Architektur alte italienische Häuser grotesk parodiert.
Die Ergebnisse verdeutlichen auch die Diskrepanz zwischen dem, was Architekten bauen wollen und dem, was Menschen tatsächlich mögen. (…) Die neue Umfrage könnte auch als ein Armutszeugnis für die zeitgenössische Architektur gesehen werden. Abgesehen vom Bellagio schaffte es kein Gebäude aus dem letzten Jahrzehnt unter die Top 30. Nur zwei der 20 besten Gebäude wurden in den letzten 35 Jahren gebaut und beide haben eine besondere Bedeutung: Das Vietnam Veterans Memorial und das World Trade Center. Die Amerikaner bevorzugen ältere Gebäude, die an alte architektonische Stile wie die Gotik, griechische und römische Traditionen erinnern. Von den Top 50 können nur 12 als „modern“ bezeichnet werden, mit eckigen Winkeln und viel Glas und Stahl.
Die Aussagekraft ist natürlich begrenzt: Bei den beliebtesten Gebäuden in dieser Umfrage geht es vor allem um ikonische und historisch aufgeladene Gebäude (Empire State Building, Kapitol usw.), weniger um die konkrete Fassadengestaltung. Die politisch-historisch-mediale Relevanz der Gebäude wird die rein stilistische Einschätzung sicherlich massiv überlagert haben. Aber nicht immer, wie die Beliebtheit des Hotel Bellagio vor Augen führt.
Lokale Architektur wird geschätzt
Eine Online-Umfrage von 2016 hatte das Pöllauer Tal in der Steiermark im Fokus.[7] Am Besuch der Destination interessierte Personen wurden über ihre Architekturpräferenzen befragt.
Die 255 Teilnehmer maßen dem Erscheinungsbild der Region einschließlich ihrer Architektur eine große Bedeutung zu. Über 60% hielten eine Mischung aus verschiedenen Baustilen für störend. Das am traditionellsten wirkende Gebäude (Nr. 9) wurde am besten bewertet (niedrige Werte = besser). Am negativsten wurden Gebäude bewertet, die in Ostösterreich bei Neubauten typisch sind (Nr. 7 und 8). Flachdächer waren auch eher unbeliebt.
Vorgaben für die äußere Gestaltung von Gebäuden gibt es in Österreich nur sehr selten:
Einige österreichische Dörfer – wie Alpbach in Tirol – haben schon sehr früh erkannt, dass diese Veränderungen ihre Attraktivität für Touristen beeinträchtigen können. Sie haben den Gesamtcharakter des Dorfes seit 1958 durch eine sehr strenge Bauordnung geregelt, die sowohl für touristische Gebäude als auch für Privathäuser gilt. Daher ist das Dorf immer noch von Holzbauten, großen Dächern und lokalen Materialien geprägt. Die Hotelbetreiber nutzen diesen einzigartigen Charakter nun zu Marketingzwecken. Viele Tourismusorte in Österreich sind sich jedoch der großen Bedeutung privater Gebäude für den Landschaftscharakter und die Wahl des Reiseziels nicht bewusst. In mehreren ländlichen Destinationen ist ein hoher Anteil an neuen, modernen Gebäuden mit einem mehr oder weniger unspezifischen, generischen Stil dabei, den einzigartigen Charakter der Destination zu verändern.
Über 90% der Befragten fanden, es sollte eine Art von Gestaltungsberatung für Neubauten geben. Über 60% meinten, die Gemeinden sollten durch Vorschriften regeln, wie Häuser aussehen sollen:
Alte Architektur und Denkmalschutz beliebt
Die hohe Bedeutung, die Menschen älterer und für die Region typischer Architektur beimessen, wird auch durch eine 1980 publizierte Studie evident.[8] An der in der Metropolregion von Toronto durchgeführten Umfrage nahmen 1214 Personen teil:
- Der Erhalt von alten Gebäuden wurde als sehr wichtig erachtet.
- Die Befragten zeigten eine generell positive Einstellung gegenüber der (gebauten) Vergangenheit.
- Die Aussage „die Vergangenheit ist es nicht wert, erhalten zu werden“ wurde stark abgelehnt.
Für eine 2014 durchgeführte Arbeit wurden 200 Personen Fotos von 25 neueren und 25 älteren Gebäuden gezeigt. Die Befragung mit dem Schwerpunkt Denkmalschutz erfolgte online.[30] Ergebnisse:
- Ältere Architektur wurde besser bewertet als neuere.
- 9 der 10 der am meisten bevorzugten Gebäude waren Altbauten.
- Gebäude der Nachkriegszeit wurden sehr schlecht bewertet.
- 83% hielten Denkmalschutz für wichtig.
- 73% bedauerten den Abriss historischer Gebäude.
- Nur 18% waren der Meinung, Eigentümer historischer Gebäude sollten ohne Einschränkungen abreißen dürfen. 84% wünschten sich, dass die Behörden Abrisse historischer Gebäude verhindern.
- Ältere Personen und Frauen bevorzugten Altbauten mehr als jüngere Personen und Männer.
- Politisch konservative bevorzugten alte Gebäude mehr als Liberale. Konservative sprachen sich aber weniger für den Denkmalschutz aus als Liberale.
Weniger eindeutig sind die Ergebnisse einer andere Studie, der zufolge alte Häuser nur wenig gegenüber neueren präferiert werden, wenn Beispiele ähnlicher Komplexität und ähnlichen Bauzustandes verglichen wurden.[33]
Wissen Architekten, was Laien gefällt?
In einer 2001 in einer mittelgroßen kanadischen Stadt durchgeführten Studie nahmen Architekten und Nicht-Architekten teil.[9] Die Architekten übten ihren Beruf im Durchschnitt schon 22 Jahre aus. Die Meinung zu 42 großen in den 1980ern und 1990ern errichteten Gebäuden in verschiedenen Ländern wurde abgefragt. Die Architekten sollten zudem abschätzen, wie Nicht-Architekten Gebäude beurteilen.
Architekten sind als Gruppe nicht in der Lage, vorherzusagen, welche Gebäude Laien mögen oder nicht mögen (…). Ein Grund dafür (…) ist, dass sie ihre Vorhersagen auf konzeptuelle Eigenschaften [Klarheit, Komplexität, Freundlichkeit, Originalität, Robustheit, Sinnhaftigkeit] stützen, wie sie von Architekten erfasst werden, und nicht, wie sie von Laien verstanden werden.
Dabei gab es auch Unterschiede innerhalb der Gruppe der Architekten:
Zum Beispiel scheint der genaueste Architekt zu verstehen, dass Laien Gebäude, die komplexer, robuster und origineller sind, positiver beurteilen, während der am wenigsten genaue Architekt glaubt, dass die Öffentlichkeit Gebäude bevorzugt, die weniger komplex, robust und originell sind. (…)
Wie die Daten aus dieser Studie zeigen, schätzt auch die Öffentlichkeit die Originalität in der Gebäudeplanung positiv, und ungeschulte Laien werden wahrscheinlich keine Entwürfe erstellen, die funktionieren. Nichtsdestotrotz ist es möglich, Entwürfe zu erstellen, die sowohl Architekten als auch Laien gefallen (der Bank of China Tower ist ein gutes Beispiel). Die Postmoderne im Allgemeinen hatte dies als Ziel, obwohl postmoderne Gebäude das Ziel nicht immer erfüllen. Wenn es möglich ist, beide Gruppen zufrieden zu stellen, scheint es wenig Sinn zu machen, ein Gebäude so zu entwerfen, dass es einer der beiden Gruppen allein gefällt.
Was sagen diese Ergebnisse aus?
Einige der in diesem Artikel vorgestellten Umfragen und Studien sind natürlich mit einiger Vorsicht zu betrachten. Es handelt sich dabei nicht um umfassende Bewertungen von Architektur. Ein Gebäude ist viel mehr als ein einzelnes Foto aussagen kann. Es kann begangen und genutzt werden, es steht funktional und ästhetisch in einem Verhältnis zu seiner Umgebung. Ein und dasselbe Gebäude kann an einem Ort völlig deplatziert wirken, während anderswo eine Einpassung gelingt. Zentrale Aspekte wie bauliche Qualität, Flexibilität in der Nutzung und die Schutzfunktion sind dabei noch gar nicht angeschnitten. Auch Baumaterialien (und deren Ökobilanz), Klimawandel-Anpassung, Raumaufteilung, soziale Aspekte (z. B. Leistbarkeit) und die Frage der Freiräume sind nicht behandelt worden.
Die Vielgestaltigkeit der zeitgenössischen Architektur (gehört auch New Classical Architecture dazu?) macht einen Vergleich ohnehin wenig seriös. Zudem hat jede Studie methodische Grenzen, einen beschränkten Fokus und unvermeidliche Unschärfen. Überhaupt unbeleuchtet geblieben sind die Zwänge, denen Architekten unterworfen sind, etwa durch Bauherren und Bauvorschriften.
Zu hinterfragen ist auch die Begrifflichkeit, etwa die Abgrenzung von traditionell/alt vs. modern/zeitgenössisch. Was ist mit „modern“ gemeint? Die Zeit ab 1900? Ab 1930? Wo aber hört „traditionelle“ Architektur auf? Vielleicht müsste stattdessen mit anderen Aspekten operiert werden, im Falle von Ästhetik zum Beispiel:
- Komplexität der Fassade (Detailgrad, Fraktalität)
- (Grad und Art von) Symmetrie
- (Art und Vielfalt in der) Materialität
- Bezugnahme auf Umfeld und lokale bauhistorische Spezifika (Aufnahme und Weiterbau vorhandener Formen, Proportionen und Details)
Trotz allem sollten die Studienergebnisse nicht einfach vom Tisch gewischt werden. Auch wenn viel mehr Untersuchungen notwendig wären, handelt sich bei den bislang vorliegenden Resultaten nicht um isolierte Artefakte, da durchaus spürbare Stimmungen wiedergegeben werden. Dass Städte wie Barcelona, Paris und Venedig vor Touristen überquellen, hingegen Plattenbausiedlungen weniger Aufmerksamkeit auf sich ziehen, ist kein Zufall. Es muss gelingen, sich mit möglichst geringen Vorurteilen mit der Frage der Schönheit und den Wünschen der Menschen auseinanderzusetzen. Das Verächtlichmachen des populären Geschmacks auf der einen Seite und das Bekämpfen von Innovation auf der anderen Seite helfen nicht weiter.
Keine Scheu vor Schönheit!
Zwischen Kunst, Funktion und Verantwortung
Warum ist es eigentlich wichtig, wie ein Haus aussieht? Steht nicht die Funktion im Vordergrund? Darf sich Architektur nicht auch einfach verändern, wie sich auch die Kunst verändert? So, wie etwa in der Musik immer wieder neue Stile geschaffen werden?
Der Vergleich mit der Musik hält zumindest dann, wenn „traditionelle“ Architektur mit tonaler Musik und „moderne“ Architektur mit atonaler Musik gleichgesetzt wird. Wie vielen Menschen gefällt auch komplett atonale Musik? Wie viele bevorzugen hingegen tonale oder zumindest konsonante Musik in all ihren vielfältigen Ausprägungen? Einen Vergleich zwischen Architektur und Musik zieht der Neurowissenschaftler Alexandros Lavdas, der mit Blick auf zeitgenössische Architektur die Frage stellt: „Leben wir in atonalen Städten?“[35]
Das Entscheidende bei der Architektur ist ja: Anders als ein Kunstwerk können wir Gebäude nicht einfach ausblenden. Ein Gebäude ist keine Musik in einem Konzerthaus und kein Gemälde in einem Museum, die einfach ignoriert werden können, indem man sie nicht besucht. Gebäude sind Teil unseres Alltags. Wir können sie nicht vermeiden. Die Einordnung als bloßes Nutzobjekt oder aber Kunstwerk, das nicht gefallen müsse, greift als Antwort auf Kritik zu kurz.
Doch nicht nur auf den ersten Blick ästhetische Aspekte sind entscheidend: Was ist mit der Gestaltung des Erdgeschoßes zum öffentlichen Raum hin (kahle Betonwand? Geschäfte? Garageneinfahrt?), der Bauhöhe (Lichteinfall, Reflexion von Lärm), der Nutzung (Arbeiten, Wohnen, Einkaufen, Produktion?) und der materiellen Beschaffenheit (reflektierende Glasfassaden, kühlende Begrünung)? Entscheidend sind auch soziale Belange (wer arbeitet/wohnt darin bzw. kann sich das leisten).
Schönheit als Funktion
Der Nutzen solle im Zentrum der Planung stehen. Ja, natürlich! Doch als der US-amerikanische Architekt Louis Sullivan im späten 19. Jahrhundert die allüberall zitierte Phrase „form follows function“ prägte, verlangte es ihm wohl kaum nach einem gesichtslosen Funktionalismus. Nur wenige Zeilen darunter schrieb er:
[W]enn der angeborene Instinkt und das Empfindungsvermögen die Ausübung unserer geliebten Kunst bestimmen werden; wenn es erkanntes, respektiertes Gesetz sein wird, dass die Form immer der Funktion folgt; (…) wenn wir wissen und fühlen, dass die Natur unsere Freundin und nicht unsere unversöhnliche Feindin ist (…) – dann wird vielleicht verkündet, dass wir uns geradewegs einer natürlichen und befriedigenden Kunst nähern, einer Architektur, die bald eine schöne Kunst im wahren und besten Sinn des Wortes werden wird, eine Kunst, die leben wird, weil sie vom Volk, für das Volk und durch das Volk sein wird.[17]
Darüber hinausgehend lässt sich Ästhetik auch als direkte Funktion auffassen. Ihr Ziel sollte es sein, das Wohlbefinden zu erhöhen, die Identifikation und Zufriedenheit mit Gebäude und Umgebung zu stärken und die Stadt zu bereichern, anstatt bloß von einer schönen Umgebung zu zehren, ohne ihr etwas zurückzugeben. Der Begriff Schönheit ist zwar im fachlichen Diskurs verpönt, im Alltag aber selbstverständlich präsent. Nachgewiesen positiv auf den Menschen wirken Symmetrie, Fraktale, naturnahe Gestaltungen und mittlere Komplexität. Demnach wird sich das Empfinden von Schönheit aus diesen Aspekten speisen – neben individuell-kulturell bedingten Vorlieben. Der US-amerikanische Architekt Mark Allen Hewitt:
[D]ie ästhetische Wertschätzung von Schönheit [ist] fest in unserem Gehirn verankert. Sie liegt nicht im „Auge des Betrachters“ (…) Noch verblüffender ist die Tatsache, dass das Ornament (…) genauso notwendig ist. Tiere haben organische Ornamente, die zu ihrer Schönheit und Begehrlichkeit bei der Partnerwahl beitragen, auch wenn sie dadurch als Beute sichtbarer sein können. (…) Die Neurowissenschaft hat bewiesen, dass Muster, Texturen und die Artikulation von Ecken und Kanten die notwendigen Hinweise liefern, die es dem Menschen ermöglichen, sich in seiner Umgebung zurechtzufinden.[29]
Der Gesundheitspsychologe Rainer Maderthaner schrieb schon in den 1970ern:
In experimentalpsychologischen Arbeiten (…) konnte mehrfach bestätigt werden, dass sowohl monotone als auch überkomplexe Muster weniger gefielen als Strukturen „mittlerer“ Komplexität (…)
Als optimal wird jenes Komplexitätsniveau empfunden, das den psychischen Aufnahme- und Verarbeitungsbedingungen am besten entspricht – also weder Verwirrung noch Langeweile hervorruft (…)[32]
Das Ornament darf nicht einfach als Kitsch abgetan werden, so der Architekt und Forscher Ian Ellingham:
Der Drang, Umgebungen visuell zu bereichern – oft mit naturalistischen Darstellungen – kommt in den meisten Kulturen und Epochen vor. Seit Jahrtausenden schmücken Menschen ihre Räume (und ihre Körper). Höhlen in Gibraltar enthalten Hinweise darauf, dass sie vor 40.000 Jahren von Neandertalern bewohnt wurden, die Muster an die Wände malten.
(…) Während des größten Teils des 20. Jahrhunderts war die Architektur als Disziplin nicht in der Lage, sich mit dem Konzept der Verzierung von und in Gebäuden zu arrangieren. Nach allgemeinem Konsens schienen einige Arten erlaubt zu sein, insbesondere solche, die als Ausdruck der Gebäudestruktur rationalisiert werden können. Andere (…) wie z. B. angewandte naturalistische Ornamente, waren offenbar verboten.[6]
Nicht alles ist subjektiv
Schönheit liegt nicht bloß im Auge des Betrachters, wie Rainer Maderthaner bestätigt: „80 Prozent der Schönheitsurteile von Architektur kann man vorhersagen.“[23] Aus der Neurowissenschaft kommen vergleichbare Erkenntnisse:
Obwohl der Begriff „Schönheit“ grundsätzlich subjektiv ist, ist das Gefühl und die damit verbundene physiologische Reaktion universell (…). Gebäude, die uns ein Gefühl der Freude bereiten, enthalten architektonische Elemente, von denen unser Gehirn erkennt, dass sie ähnliche Eigenschaften oder Muster aufweisen wie Orte, die unseren Vorfahren zum Überleben verholfen haben.[27]
Die ästhetische Erfahrung ist zwar individuell, doch gibt es auch Aspekte von Erlebnissen von Schönheit, die unabhängig von Kultur, Geschlecht, Kontext, Bekanntheit oder monetärem Wert sind:
Schönheit ist eine der Hauptursachen für emotionale Bindung an urbane Räume und Zufriedenheit (…) Trotz radikal unterschiedlicher Erscheinungen scheinen die traditionellen Architekturen der Welt die fraktalen Dimensionen zu liefern, die für das menschliche Wohlbefinden erforderlich sind. Menschen kennen diese wohltuenden Gestaltungselemente seit Jahrtausenden. Doch trotz ihrer großen Vorteile, nicht zuletzt Energieeffizienz und Nachhaltigkeit, wurden diese Gestaltungstypologien nach dem Ersten Weltkrieg im Zeichen der Moderne zunehmend aufgegeben (…) Nur weil etwas neu ist, ist es nicht unbedingt besser. In der schmucklosen Nachkriegsarchitektur (…) sind wir neuroästhetisch überlastet, was unserer Gesundheit abträglich ist.[24]
Fraktale: Schöne Anti-Monotonie
Die oben angesprochenen Fraktale – also Muster, die sich im Kleinen immer wiederholen – sind in der Natur und teils auch in der Architektur präsent. Sie finden sich etwa im Grundriss des Petersdoms, bei venezianischen Palazzi, indischen Tempeln und gotischen Kathedralen.[25]
Fraktale finden sich auch in Werken von Frank Lloyd Wright (als „Kaskade von Details“), kaum aber bei Le Corbusier.[25]
Fraktale sind auch in antiken Säulen enthalten. Die Grafik unten zeigt links den oberen Teil (Gebälk) einer dorischen Säule, rechts eine sogenannte (fraktale) Cantor-Verteilung aus der Mathematik.[25]
Eine Studie hat die fraktalen Dimensionen von drei Säulenordnungen des Renaissancearchitekten Palladio (korinthisch, dorisch, komposit) im Detail ermittelt.[26] Bei einer angenommenen Säulenhöhe von zehn Metern wird fraktale Kohärenz bis hinunter zu Details von vier Zentimetern aufrechterhalten.
Menschen, die nach Mustern suchen
Das Vorhandensein und Erkennen von Mustern ist für die Frage der Schönheit von entscheidender Bedeutung. Das lässt sich aus der Evolutionspsychologie erklären:
Muster im Leben und in der Architektur stehen für Konsistenz und Organisation, ein Mangel an Mustern steht für Chaos. Durch die Identifizierung eines Musters konnten unsere Vorfahren besser vorhersagen, was als Nächstes kam (…) Es macht intuitiv Sinn, dass Chaos oder Unvorhersehbarkeit – das Gegenteil von organisierten Mustern – uns physiologisch negativ beeinflussen können. Das menschliche Gehirn nutzt die Mustererkennung schon so lange als eine Form des Überlebens, dass es zu etwas geworden ist, das wir unbewusst täglich tun.[27]
Die sogenannte Biophilie-Hypothese geht davon aus, dass die Natur und alles der Natur Ähnliche zu Wohlbefinden führt. Es besteht eine angeborene Affinität des Menschen zur Natur. Was aber, wenn durch Architektur genau das Gegenteil erreicht wird? Eine Einschätzung aus der Umweltpsychologie:
Zeitgenössische Architektur weist häufig eine andere Art struktureller Organisation auf, die nicht aus den Vorbildern aus der Natur herrührt, sondern sich stattdessen aus intellektuell-generierten Konzepten wie der euklidischen Geometrie und dem kartesischen Koordinatensystem herleitet. Idealisierte Formen wie Rechtecke, Kugeln, flache Oberflächen und gerade Linien dominieren zunehmend die westliche Architektur seit dem Zweiten Weltkrieg, obwohl diese anorganischen Formen den komplexen visuellen Strukturen von lebenden, biologischen Systemen völlig fremd sind.[28]
Traditionell vs. modern: Wirklich ein Gegensatz?
Lehnt die Mehrheit der Menschen also moderne bzw. zeitgenössische Architektur ab? Das lässt sich nicht beantworten, da in dieser Frage eine Vereinfachung vorgenommen wird, die eine ernsthafte Antwort verunmöglicht. Vielleicht müsste die Frage stattdessen lauten: Kann es ein Haus geben, das möglichst vielen Menschen gefällt und weniger polarisiert?
Zeitgenossen, die allen gefallen
Ganz offensichtlich gibt es sie – jene nach 1945 errichteten Gebäude, die ohne Zweifel sehr beliebt sind, etwa das Guggenheim-Museum in Bilbao und das Opernhaus in Sydney. Oder die an organische Formen erinnernden Großbauten des spanischen Architekten Santiago Calatrava (Foto unten). Bei diesen Gebäuden wird die in einigen Studien und Umfragen beobachtete Kluft zwischen Architekten und Bevölkerung wahrscheinlich keine wesentliche Rolle spielen. Doch diese singulären Bauten sind schon rein quantitativ nicht repräsentativ für die neuere Architektur. Entscheidend sind vielmehr die typischen Wohn- und Bürohäuser. Genau da liegt so vieles im Argen, zu sehen etwa anhand der „bestürzenden Neubauten“ in Wien.
Bis ins letzte Detail
2005 wurde eine britische Studie über Wünsche von Hauskäufern veröffentlicht. Auch das Thema Stilistik wurde abgefragt:
Im Allgemeinen wurde davon ausgegangen, dass der Charakter von Details oder Merkmalen wie Schiebefenstern, Rauchfängen, Säulen und Eisengeländern herrührt, wodurch vermieden wurde, dass die Häuser wie funktionslose Kästen aussahen – ein empfundener Nachteil von neuen Häusern.
(…) Die Bedeutung von Form und Proportionen für ein Design wurde von 85 % der Befragten genannt (…) Dächer und Fenster kamen in der Wichtigkeit an nächster Stelle.[18]
Es stellte sich heraus, dass Details wichtig sind, die aber nicht zwangsweise an einen Stil gekoppelt sein müssen:
Der Wunsch nach neuen Häusern, die nicht wie funktionslose Kästen aussehen sollen, und die bestimmte Arten von Details und Merkmalen aufweisen, könnte einige Hinweise auf die Gründe für diese Wahl liefern. Der Schlüssel zur Akzeptanz scheint nicht der Stil zu sein, sondern eher der Grad des Reichtums der Architektur, sodass eine moderne Architektur, die nicht minimalistisch und [stattdessen] reich an Details ist, akzeptabel wäre.
Die positive Reaktion auf Veranden und Türöffnungen bestärkt diese Hypothese über den Detailreichtum. Möglicherweise besteht der Konflikt nicht zwischen modern und traditionell, sondern zwischen verschiedenen Versionen dieser beiden Stile. Einerseits zwischen einem minimalistischen modernen Entwurf und einem detailreichen Entwurf und andererseits zwischen einem volkstümlichen Entwurf, der traditionelle Details grob parodiert, und einem Entwurf, der angemessene lokale Details fein ausführt.
Ähnliche Ergebnisse ergab eine im Jahr 2000 publizierte Studie. Werden Fassaden demnach komplex anstatt monoton gestaltet, wirkte sich das auch bei modernen Häusern positiv aufs Gefallen aus.[33] Auf einer viel grundlegenderen Ebene ist das Problem der Monotonie auch in Neurowissenschaft und Evolutionspsychologie bekannt:
… Gebäude ohne Muster und Symmetrien werden entweder nicht wahrgenommen oder stoßen uns aktiv ab (…) Eine solche kognitive Langeweile kann die gleiche Stressreaktion hervorrufen wie eine wahrgenommene Gefahr.[27]
Den Bruch überbrücken
Eine faszinierende Verschmelzung von Alt und Neu hat etwa Otto Wagner in seinem Spätwerk in der Wiener Neustiftgasse erreicht (Foto unten). Traditionelle Gestaltungsmittel bzw. entsprechende Andeutungen sind in eine modern-funktionale Gesamtform überführt. Das 1909 fertiggestellte Gebäude ist seiner Zeit um Jahrzehnte voraus und zugleich zeitlos.
Wird in sensibler historischer Umgebung neu gebaut, können neue und alte Elemente miteinander verschmolzen werden. Bei dem unten abgebildeten Neubau in der Altstadt von Gent wurde bei der Materialwahl direkt an die Umgebung angeschlossen. Die mit waagrechten und senkrechten Elementen ausgestatteten Fenster nehmen in zeitgenössischer Weise Bezug auf die örtlichen historischen Fenster und Fassaden.
Bedachtsames Weiterbauen, das weder bloße Kopien noch schreiende Brüche hervorbringt, ist eine Möglichkeit, um Fachleute und Bevölkerung zu versöhnen. Als Beispiel nennt Ian Ellingham in seiner schon oben zitierten Studie[5,6] eine Bibliothek in der britischen Universitätsstadt Cambridge, die als Zubau zu einem älteren Gebäude errichtet wurde. Dabei wurde die alte Dachform weitergeführt, die unterteilten alten Fenster neu interpretiert, sowie Fassadenmaterial und Farbe weitgehend beibehalten:
Die Jerwood Library hat in der Studie zu bemerkenswerten Reaktionen geführt:
Die Bewertung dieses Gebäudes durch die Architekten war faszinierend. Auf den Fragebögen stuften sie dieses Gebäude hoch ein [d.h. es wurde positiv bewertet]. In der anschließenden Diskussion mit den teilnehmenden Gruppen wurde dieses Gebäude jedoch meist verbal angegriffen. In einer Sitzung nannte ein Architekt zahlreiche Gründe, warum es eines der schlimmsten Gebäude sei, das er je gesehen habe – und der Rest der Gruppe schien dem zuzustimmen. Doch selbst in dieser Gruppe wurde es in den Umfrageergebnissen als hochrangig eingestuft. In einer anderen Sitzung leugnete ein Architekt seine eigene Antwort. Es hat den Anschein, als würden die Architekten zwar in einem anonymen Umfrageformular angeben, dass sie das Gebäude schätzen, aber die Kultur unter Architekten erlaubt es ihnen nicht, das vor ihren Kollegen zuzugeben.[5]
Quellen und weitere Infos
- [1] Americans‘ Preferred Architecture for Federal Buildings (National Civic Art Society, 2020)
- [2] What Should Courthouses Look Like? (Jack Nasar, 2020)
- [3] Design influences public support for new build homes (Ipsos, 2015) – Umfrage in Zusammenarbeit mit Create Streets
- [4] „People prefer traditionally designed buildings“ – YouGov (dezeen, 16.10.2009) – Kurzfassung hier verfügbar
- [5] Architects, the Public and Buildings: An Exploration of Responses to Various Building Types (Ian Ellingham, 2014)
- [6] Understanding Ugly: Human Response to Buildings in the Environment (Ian Ellingham, 2000)
- [7] Relevance of Local Architecture for Destination Choice in Austria (Carina Krausler, Ulrike Pröbstl-Haider, 2016)
- [8] Scaling Dispositions toward the Past (S. Martin Taylo, Victor A. Konrad, 1980)
- [9] Architects predict lay evaluations of large contemporary buildings: whose conceptual properties? (Graham Brown, Robert Gifford, 2001)
- [10] In the Eye of the Beholder. Public, Designers at Odds On What’s a Beautiful Building (Alex Frangos, Wall Street Journal, 7.2.2007)
- [11] Oikos jämför nya Liljevalchs med Nordiska muséet i Sifo-enkät Undersökning & Analys (Dagens Opinion, 2021) – per Google Translate
- [12] Folkviljan har talat – arkitekterna har fel (Expressen, 27.12.2021) – per Google Translate
- [13] A Case Against the Modernist Regime in Design Education (Jan Michl, 2014)
- [14] Aesthetic preference is related to organized complexity (Alexandros A. Lavdas, Uta Schirpke, 2020)
- [15] What is driving the domination of modernist ideology in architecture? (Audun Engh, 2009)
- [16] Architectural Myopia: Designing for Industry, Not People (Michael W. Mehaffy, N. Salingaros, 2011)
- [17] Louis Henry Sullivan: „Das Bürohochhaus unter künstlerischen Gesichtspunkten betrachtet“ (1896), in: „Architekturtheorie 20. Jahrhundert. Positionen, Programme, Manifeste“ (hrsg. von Vittorio Magnago Lampugnani, Ruth Hanisch, Ulrich Maximilian Schumann, Wolfgang Sonne, 2004)
- [18] What home buyers want: Attitudes and decision making among consumers (CABE, 2005)
- [19] Architecture for architects? Is there a ‚design disconnect‘ between most architects and the rest of the non-specialist population? (Francisco Contreras Chávez, D. Milner, 2019)
- [20] Zur Ästhetik von Gestaltungselementen in Hausfassaden (Gabriele Mold, 2008)
- [21] Contemporary versus traditional styles in architecture and public space: A virtual reality study with 360-degree videos (Kostas Mouratidis, Ramzi Hassan, 2020)
- [22] Which architectural style makes an attractive street scape? Aesthetic preferences among city centre managers (Henrik Loodin, Ola Thufvesson, 2023)
- [23] Adieu, schöne Stadt: Das Ende des Schönheitsideals (Die Presse, 2012)
- [24] What Happens in Your Brain When You Walk Down the Street? Implications of Architectural Proportions, Biophilia, and Fractal Geometry for Urban Science (2022)
- [25] Fractal Architecture Could Be Good for You (Turin Yannick Joye, 2007)
- [26] The Fractal Nature of the Architectural Orders (Daniele Capo, 2004)
- [27] The interplay of psychology, physiology and architectural design: an overview (Natalie M. Ricci, 2021)
- [28] Psychological responses to natural patterns in architecture (Alexander Coburn et al; Journal of Environmental Psychology
Volume 62, 2019) - [29] The “B” Word: How a More Universal Concept of Beauty Can Reshape Architecture (Mark Alan Hewitt, 2019)
- [30] A survey of the public: Preference for old and new buildings, attitudes about historic preservation, and preservation-related engagement (Summary) (Sandra D. Shannon, 2014)
- [31] Die äußere Hülle. Der Einfluss architektonischer Gestaltungsmerkmale auf die Ästhetik von Hausfassaden (Elisabeth Helfer, 2009)
- [32] Komplexität und Monotonie aus architekturpsychologischer Sicht (Rainer Maderthaner, in: Der Aufbau 6, 1978)
- [33] Complexity, Age, and Building Preference (Thomas Herzog, Ronda L. Shier, 2000)
- [34] Architectural Beauty. Developing a Measurable and Objective Scale (Alexandros A. Lavdas, Nikos A. Salingaros, 2022)
- [35] Of architecture, music and brains: do we live in atonal cities? (Alexandros A. Lavdas, 2013)
- Architectural preferences in the UK (2021)
- National Civic Art Society (Liste mit Studien und Artikeln)
Fotos
- Hotel Bellagio (2022): Alberto-g-rovi, Hotel Bellagio-2022 (1), CC BY 3.0
- Nordisches Museum (2016): Aaron Zhu, Djurgården, Östermalm, Stockholm, Sweden – panoramio (126), CC BY-SA 3.0
- Liljevalchs+ Museum (2021): I99pema, Liljevalchs+, 2021 04, CC BY-SA 4.0
- Riddarhuset (2019): Bahnfrend, Riddarhuspalatset, 2019 (04), CC BY-SA 4.0
- Jerwood Library (2010): Trinity Hall Library, Cambridge by Peter Trimming, Trinity Hall Library, Cambridge – geograph.org.uk – 1958518, CC BY-SA 2.0
- Ciudad de las Artes y las Ciencias (2013): JMLlorente, Reflejos en la ciudad de las artes y ciencias, Valencia., CC BY-SA 3.0
- Villa Savoye (2015): LStrike, Villa Savoye 2015, CC BY-SA 3.0 DE
- Robie House (2017): dwhartwig, Robie House – 34195864412, CC BY 2.0
- Mailänder Dom (2015): Luca Aless, Milano – Piazza Duomo 01, CC BY-SA 4.0
- Guggenheim-Museum, Bilbao (2015): PA, BilGug, CC BY-SA 4.0
- Vishvanatha-Tempel (2008): Penn State University Libraries, CC BY-NC 2.0
- Das Foto am Anfang des Beitrags zeigt das Wohn- und Geschäftshaus in der Schlachthausgasse 30, 1030 Wien – erbaut 2005, Architektur: Coop Himmelb(l)au (Wolf D. Prix, Helmut Swiczinsky), Foto: Georg Scherer
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