Bauernmarkt 21: Abriss im Weltkulturerbe

Das Gründerzeithaus am Bauernmarkt 21 (Ecke Fleischmarkt) wurde 1910/1911 erbaut und korrespondierte mit dem gegenüberliegenden Gebäude. Es lag direkt neben der Rotenturmstraße, zwischen Stephansplatz und Schwedenplatz.

2017 kam der Abriss – trotz Schutzzone und trotz Lage inmitten des UNESCO-Weltkulturerbes Innere Stadt. Den Behörden war es offenbar nicht gelungen, die gesetzliche Erhaltungspflicht durchzusetzen.

Die Initiative Denkmalschutz zeigte sich empört:

Gründerzeithaus Bauernmarkt 21 bildet mit den umliegenden Häusern ein einheitliches Ensemble (…) Jetzt wird eines der markanten Zwillingshäuser mit Bewilligung der Baupolizei abgerissen. Anlässlich der Zwangsversteigerung 2002 hat ein zertifizierter Sachverständiger für Immobilienbewertung das Objekt zwar als „generalsanierungsbedürftig“ bezeichnet, dem Gebäude selbst aber eine „Restnutzungsdauer“ von 80 Jahren attestiert (…) Wohl mit ein Grund warum Jahre zuvor die Baupolizei die „abbruchreife“ nicht bestätigen konnte (…)

Aktive Politiker im Vorstand der Stiftung des Eigentümers sowie in der Jury eines Architektenwettbewerbs – der zu einer Zeit ausgeschrieben wurde, als noch gar keine Bewilligung zum Abbruch vorlag – sind nicht vertrauensbildend. Die Bevölkerung sollte bei Behörden und verantwortlichen Politikern auf objektive, unbeeinflusste Entscheidungen vertrauen können.

Der ORF schrieb anlässlich des Abrisses:

Denkmalgeschützt war das Gebäude nicht, aber es steht in einer Stadtbild-Schutzzone. Abgerissen werden darf es demnach nur, weil es laut einem Gutachten baufällig ist. Das wäre aber verhinderbar gewesen, sind Stadtbildschützer überzeugt (…)

Der Hauseigentümer, die Lenikus Gmbh, teilt zu dem Gutachten schriftlich mit: „Dabei wurden keine tiefergehenden technisch-statischen Untersuchungen durchgeführt, sondern eine bloße Augenscheinbesichtigung abgehalten.“ Weiter heißt es in der Stellungnahme: „Im Zuge der Bauvorbereitung der Generalsanierung wurden detaillierte Untersuchungen der Haussubstanz durchgeführt und dabei massive statische Baumängel festgestellt.“

Die Stadtbildschützer kritisieren auch, dass die Baupolizei jahrelang nicht gehandelt habe. Diese wiederum sagt, man habe sehr wohl schon vor Jahren Sanierungsaufträge erteilt. Der Eigentümer habe jedoch immer wieder erfolgreich Einspruch erhoben – und so sei es zu keinem rechtskräftigen Bescheid gekommen (…)

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