Kein Platz für Oskar Kokoschka

Zwischen Stubenring und Wienfluss verläuft eine Straße, die eigentlich ein Platz ist. Die Benennung der Fläche in Oskar-Kokoschka-Platz im Jahr 1980 hat sich bis heute nicht in einer angemessenen Nutzung und Gestaltung niedergeschlagen. Der Platz neben der Universität für angewandte Kunst ist eine bloße Durchfahrtsstraße geblieben.

Oskar-Kokoschka-Platz in Wien, Autos, alte Häuser
Oskar-Kokoschka-Platz (Foto: Februar 2025)

Straße oder Platz?

Der Oskar-Kokoschka-Platz liegt zwischen dem Regierungsgebäude am Stubenring (ehemaliges Kriegsministerium) und der Universität für angewandte Kunst. Er ist quasi eine Verlängerung der bei Wien Mitte vorbeiführenden Marxergasse, die über eine Brücke mit der Ringstraße verbunden ist. Von einem Platz kann nur dem Namen nach gesprochen werden, denn vor dem Eingang der Universität breitet sich nicht viel mehr als eine Straße mit angrenzender Grünfläche aus.

Luftbild eines Platzes in Wien
Aufnahme: 2023, © ViennaGIS

Durchfahrt verhindert urbane Nutzung

Neben einem baulich ausgeführten Radweg (am Foto unten rechts) und einem aufgemalten Radstreifen gibt es auf dem Platz mehrere Fahr- und Parkspuren für Kfz.

Mit der autozentrierten Aufteilung der Fläche ist dem Platz auch jede Bedeutung im Sinne urbaner Nutzung genommen. Damit entgeht der Stadt ein Ort, der mehr sein könnte als eine asphaltierte Fahrbahn. Zusammen mit den angrenzenden Grünflächen und Gehsteigen kommt der Oskar-Kokoschka-Platz immerhin auf eine Größe von rund 2900 Quadratmetern. Das ist deutlich mehr als etwa der Judenplatz oder der Dr.-Ignaz-Seipel-Platz (beide im 1. Bezirk).

Der Platz geht nahtlos in die Kleine Marxerbrücke über, die den 1. und 3. Bezirk miteinander verbindet. Die Brücke mit dem Otto-Wagner-Geländer dient nicht nur dem durchfahrenden Verkehr, sondern auch als Parkplatz. Auch hier eine Situation, die mehr an die Nachkriegszeit als an die Anforderungen des 21. Jahrhunderts erinnert.

Brücke über den Wienfluss, Gebäude aus der Jahrhundertwende, Wien Mitte, Hochhäuser
Kleine Marxerbrücke (Foto: 2025)

Nur kurzzeitig ein echter Stadtplatz

Zum echten Platz wird der Oskar-Kokoschka-Platz einige Tage im Jahr zum Fest der Angewandten. Die Fläche zwischen Brücke und Ring wird dabei für den Autoverkehr gesperrt, eine schmale Durchfahrt für den Radverkehr bleibt erhalten. 

Die Sperre für den Autoverkehr führt vor Augen:

  • Die Straße kann gesperrt werden, ohne dass sich größere Probleme für den Verkehr ergeben dürften. Die Verbindung wird also offenbar nicht unbedingt benötigt.
  • Die Kfz-Spuren nehmen viel Platz ein. Das wird erst so richtig deutlich, wenn die fahrenden und parkenden Fahrzeuge weg sind.
  • Der Platz ist trotz beidseitiger Grünflächen stark durch Asphalt geprägt.
  • Eine andere – sozialere und künstlerische – Nutzung ist möglich.

An Oskar Kokoschka (1886-1980) erinnert ein vor der Universität aufgestelltes Denkmal. Kokoschka war ein Künstler des Expressionismus. Er zählt mit Egon Schiele und Gustav Klimt zu den bekanntesten Malern der Wiener Moderne. Reverenz erweist ihm der nach ihm benannte Platz nicht.

Denkmal, Kopf, Flasche, Backsteinfassade, Rasen
Denkmal für Oskar Kokoschka (Foto: 2025)

Wie könnte eine Neugestaltung aussehen?

Einige Tage pro Jahr wird der Oskar-Kokoschka-Platz autofrei. Warum nicht das ganze Jahr über? Hier einige Ideen:

  • Dauerhafte Sperre des Platzes und der Kleinen Marxerbrücke für den Kfz-Verkehr 
  • Einrichtung eines Zwei-Richtungs-Radwegs
  • Freihalten einer Fläche, die Einsatzfahrzeuge für die Durchfahrt nutzen können
  • Entfernung von Asphalt, stattdessen Pflasterung mit hellen Natursteinen
  • Begrünung der Platzmitte durch eine Baumreihe mit begehbaren Baumscheiben (keine großen Baumscheiben mit offenen Beeten, um nicht Platz für Fußgänger usw. zu verlieren)
  • Aufstellen von Sitzbänken (typische Wiener Parkbänke, keine Design-Experimente oder übergroße Beton-/Steinblöcke)
  • Beibehaltung der hohen Straßenlaternen und aller Grünflächen
  • Künstlerische Bespielung durch die Universität für angewandte Kunst
  • Umgestaltung der Kleinen Marxerbrücke zum Aufenthaltsbereich, Reservierung einer Fläche für Kunst im öffentlichen Raum
Karte des Oskar-Kokoschka-Platzes
Könnte der Oskar-Kokoschka-Platz so umgestaltet werden? (Basis der Karte: © ViennaGIS)

Einige Änderungen in der Verkehrsorganisation im Umfeld sind dafür nötig:

  • Wendehammer (Umkehrmöglichkeit) bei der Schallautzerstraße (Straße hinter dem Regierungsgebäude)
  • Umstellung auf Gegenverkehr in der Schallautzerstraße
  • Umdrehen der Einbahn oder Umstellung auf Gegenverkehr in der Reischachstraße
Karte des Gebiets um den Oskar-Kokoschka-Platz
Änderungen im Verkehr (Basis der Karte: © ViennaGIS)

Vor der Massenmotorisierung

Ein klassicher Stadtplatz war der Platz zwischen Ring und Wienfluss auch früher nicht. Die ehedem Kopalplatz genannte Fläche war offenbar immer schon eine reine Verkehrsfläche, auf der auch die Straßenbahn verkehrte. Noch auf einer Aufnahme aus den 1940ern (siehe unten) wird eine großstädtische Eleganz deutlich, die heute durch den allgegenwärtigen fahrenden und ruhenden Kfz-Verkehr nur noch eingeschränkt gegeben ist.

historische Aufnahme von Wien, Ringstraße, Regierungsgebäude, Zollamt
Oskar-Kokoschka-Platz im Jahr 1942 (Foto: Wien Museum, Inventarnummer HMW 79000/7783)

Kontakte zu Stadt & Politik

www.wien.gv.at
post@bv01.wien.gv.at
+43 1 4000 01111

Die Bezirksvorstehungen sind die politischen Vertretungen der einzelnen Bezirke. Die Partei mit den meisten Stimmen im Bezirk stellt den Bezirksvorsteher, dessen Aufgaben u.a. das Pflichtschulwesen, die Ortsverschönerung und die Straßen umfassen.

Die Bezirksvertretungen sind die Parlamente der Bezirke. Die Parteien in den Bezirksvertretungen werden von der Bezirksbevölkerung gewählt, meist gleichzeitig mit dem Gemeinderat. Jede Partei in einem Bezirk kann Anträge und Anfragen stellen. Findet ein Antrag eine Mehrheit, geht er als Wunsch des Bezirks an die zuständigen Stadträte im Rathaus. (Die Reihung der Parteien orientiert sich an der Anzahl der Sitze in der Bezirksvertretung im Dezember 2020.)
+43 1 4000 81261
 
Vizebürgermeisterin und Stadträtin Kathrin Gaál untersteht die Geschäftsgruppe Wohnen. Zu dieser gehören u. a. die Baupolizei (kontrolliert die Einhaltung der Bauvorschriften u. dgl.), Wiener Wohnen (Gemeindewohnungen) und der Wohnfonds (Fonds für Neubau und Sanierung).

(Die Reihung der Parteien orientiert sich an der Anzahl der Mandate im November 2020.)

WienSchauen.at ist eine unabhängige, nicht-kommerzielle und ausschließlich aus eigenen Mitteln finanzierte Webseite, die von Georg Scherer betrieben wird. Ich schreibe hier seit 2018 über das alte und neue Wien, über Architektur, Ästhetik und den öffentlichen Raum. WienSchauen hat auch einen Newsletter:

Nach der Anmeldung erhalten Sie ein Bestätigungsmail.