Das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien ist vor allem durch die beiden riesigen Bettentürme bekannt, die sich weithin sichtbar die Silhouette Wiens prägen. Doch auch das AKH hat einige architektonische Schmuckstücke zu bieten: die ehemaligen Frauenkliniken in der Spitalgasse 23. Die kostbaren Jugendstil-Pavillons wurden gegen Anfang der 2000er-Jahre grundlegend renoviert und werden heute von der Medizinischen Universität Wien genutzt.
Frauenkliniken: Prachtbauten im Jugendstil
Wien um 1900, mitten in der Gründerzeit: Industrialisierung, rapides Bevölkerungswachstum, überbelegte Wohnungen, katastrophale hygienische Verhältnisse. Das alte AKH – heute renoviert und ein Uni-Campus – platzte schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus allen Nähten. Um die medizinische Versorgung zu gewährleisten, errichtete die Stadt eine Reihe von Neubauten am Gelände des neuen AKH, darunter auch die Frauenkliniken. Das Architektenlexikon berichtet:
Durch die Stadterweiterung und den enormen Bevölkerungsanstieg gehörte die Errichtung von Spitälern um die Jahrhundertwende zu den wichtigsten Aufgaben der Gemeinde Wien (im Jahr 1910 war die Bevölkerung auf über 2 Mill. angewachsen). Die teils desolaten Wohnverhältnisse bedingten, dass die Kindersterblichkeit insbesondere durch Infektionskrankheiten sehr hoch war (im Jahr 1899 betrug die Kindersterblichkeit bis zum 5. Lebensjahr rund 40% der gesamten Sterblichkeitsrate) (…)
Die Frauenkliniken liegen genau zwischen altem und neuem AKH. Auf dem Foto unten sind die Bettentürme des 1980er-Neubaus (links) und die renovierten Frauenkliniken (rechts) zu sehen.
Historismus geht zu Ende, Jugendstil kommt auf
In der Architektur der Frauenkliniken kündigt sich schon eine neue Zeit an. Der in Wien so präsente Historismus ging zu Ende, der Jugendstil kam auf.
Architekt der Frauenkliniken war Franz Berger (1853-1938), ein Spezialist für Krankenhausbauten, der auch Pavillons des Wilhelminenspitals, ein Gebäude des Kaiserin-Elisabeth-Spitals, sowie die Semmelweis-Frauenklinik entwarf.
Funktionalismus trifft Ornament
Der Baudekor der oberen Fassadenteile besteht aus dunkelgrünen Fliesenbändern und geschwungenen Metallgittern. Die Flachdächer dienten dem Aufenthalt von Patientinnen und Personal.
Das Architektenlexikon:
Auch bei der Gestaltung der 1. und 2. Universitätsfrauenklinik in der Spitalgasse 23, Wien 9, verarbeitet Berger in eigenständiger Weise Formelemente Otto Wagners. Eine baukünstlerische und technische Leistung besonderer Art stellen, wie Achleitner (1990) betont, die Hörsäle dar, die „die Beziehung von Architektur und Nutzung in einer eindrucksvollen Weise sichtbar“ machen.
„Die Säle der Frauenkliniken beherbergten bis zu 23 gynäkologisch Kranke oder Schwangere und bis zu 24 Wöchnerinnen mit ihren Säuglingen“, berichtet die Kunsthistorikerin Monika Keplinger, die sich in ihrer Dissertation eingehend mit den Kliniken befasst hat.
Zusätzlich zu den fast 600 Krankenbetten waren auch zwei Hörsäle für jeweils rund 200 Studierende integriert. Auf den Fotos unten sind die großen Fenster der Hörsäle zu sehen.
Mit den funktionalistischen Planungsprinzipien kombinierte [Architekt Franz] Berger eine schlichte Gliederung der Fassaden, die eher an mehrstöckige Zinshausbauten denn an repräsentative Palais erinnert.
Die Arbeit von Monika Keplinger über die Neuen Kliniken ist im Verlag Bibliothek der Provinz erschienen.
Parkanlage mitten in der Stadt
Zwischen den Pavillons erstreckt sich eine frei zugängliche Parkanlage mit zum Teil sehr alten Bäumen.
Alle Gebäude renoviert
Anfang der 2000er-Jahre wurden die An- und Umbauten aus den 1960ern entfernt und der ursprüngliche Zustand der Gebäude weitgehend wiederhergestellt. Die ehemaligen Frauenkliniken unter Denkmalschutz.
Heute von der Med Uni genutzt
Gynäkologie und Geburtshilfe sind zwar schon längst ausgezogen, doch der schöne Park und die beeindruckende Architektur aus dem frühen 20. Jahrhundert sind geblieben. Genutzt werden die Gebäude heute von der Medizinischen Universität Wien und der Krankenhausverwaltung.
Kontakte zu Stadt & Politik
- SPÖ: kontakt@spw.at, Tel. +43 1 535 35 35
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(Die Reihung der Parteien orientiert sich an der Anzahl der Mandate im November 2020.)
Verfall und Abrisse verhindern: Gemeinsam gegen die Zerstörung! (Anleitung mit Infos und Kontaktdaten)
- Die Foto in diesem Artikel sind 2019 entstanden.
- Architekt Franz Berger im Architektenlexikon