Der alte Meierhof von Schloss Neugebäude verfällt seit vielen Jahren. Die Stadt Wien hat das Baurecht an eine private Immobilienfirma vergeben. Wird das Gebäude erhalten bleiben?
Schloss Neugebäude
Das Schloss Neugebäude ist ein manieristisches Schloss aus dem 16. Jahrhundert, das im Laufe seiner Geschichte mehrmals verändert und neu genutzt wurde. Es steht unter Denkmalschutz.
In diesem Artikel geht es nicht um das Schloss selbst, sondern um ein nahegelegenes Gebäude, das Teil der historischen Anlage ist. Während das Schloss nach und nach saniert wird, verfällt das Gebäude in der Neugebäudestraße 102 seit vielen Jahren.
Meierhof: Gebäude mit Geschichte
Bei dem Gebäude handelt es sich um den sogenannten Meierhof. Meierhöfe waren Gutshöfe von Adeligen, ursprünglich als Verwaltungsgebäude genutzt. Als „Meier“ wurde der Verwalter eines Gutshofs bezeichnet. Das Haus in der heutigen Neugebäudestraße 102 wurde erstmals 1818 als „Wach- und Wohnhaus, Teil des Neugebäudes“ erwähnt.
Der Straßentrakt besteht aus zwei miteinander verbundenen Teilen, die heute als ein Gebäude wirken. Ein Teil wurde im 18. Jahrhundert, der andere im 19. Jahrhundert erbaut. Dieser Straßentrakt steht unter Denkmalschutz. In dem Gutachten zum Baurechtsvertrag (siehe unten) wird der Hof wesentlich älter eingeschätzt – er stamme aus dem 16. Jahrhundert. Vielleicht bezieht sich diese Angabe aber auf das Schloss Neugebäude selbst, nicht auf den Meierhof.
Neuer ist der zweite, dahinterliegende Gebäudeteil, der wohl um 1900 errichtet wurde. Für diesen Trakt gilt nur eine Schutzzone (Ensembleschutz nach Wiener Bauordnung), aber kein Denkmalschutz.
Stadt vergibt Baurecht bis ins 22. Jahrhundert
Die Liegenschaft steht in Besitz der Stadt Wien, die offenbar selbst keine Verwendung für das Gebäude hat. Möglich gewesen wäre die Errichtung von Gemeindewohnungen, was aber natürlich mit erheblichem Aufwand verbunden gewesen wäre. Hätte man das Gebäude schon vor langer Zeit saniert, als es noch in besserem Zustand war, wäre die Frage der Sinnhaftigkeit gar nicht aufgekommen.
2022 wurde das Baurecht an eine private Immobilienfirma vergeben, verkauft wurde das Grundstück aber nicht. Zuständig für die Vergabe war die Magistratsabteilung 69 (Immobilienmanagement), die zum Wohnbauressort von Vizebürgermeisterin Kathrin Gaál (SPÖ) gehört. Die Kronen-Zeitung berichtete:
Die Stadt hat das Baurecht an der Meierei, einem Teil des denkmalgeschützten Ensembles, einem privaten Investor überlassen. Laufzeit: bis 2104. Die Immobilienfirma zahlt dafür nach „Krone“-Infos einen Jahreszins von rund 83.000 Euro. Die Grünen befürchten, dass hier (leer stehende) Anlegerwohnungen entstehen, und meinen, das Gebäude sei der Spekulation preisgegeben worden.
In der Gemeinderatssitzung, in der über die Vergabe des Baurechts abgestimmt wurde, erklärte Grünen-Wohnbausprecher Georg Prack:
Die Sozialdemokratische Fraktion beziehungsweise das Wohnbauressort ist in den vergangenen Legislaturperioden mit dem Ansinnen an die Grünen herangetreten, diese städtischen Liegenschaften zu verkaufen. Wir haben das abgelehnt und wir haben damit die Privatisierung dieses städtischen Eigentums verhindert. Was passiert jetzt? Die beiden Grundstücke sollen im Baurecht vergeben werden. Das ist natürlich deutlich besser als eine Privatisierung (…)
Prack nannte als Alternative, das Baurecht an eine gemeinnützige Bauvereinigung zu vergeben oder an die im Besitz der Stadt Wien stehende WISEG, die vor allem atypische Altbauhäuser saniert und erhält. So hätte leistbarer Wohnraum geschaffen werden können.
Hält der Abriss-Schutz?
Der straßenseitige denkmalgeschützte Trakt ist laut Gutachten in renovierungsbedürftigem Zustand, aber nicht abbruchreif. 2002 sei der Dachstuhl zuletzt erneuert worden. Die Bebauungsstudie im Gutachten sieht für diesen Trakt eine Sanierung mit Ausbau des Dachbodens vor.
Was wird aus dem Hoftrakt?
Der Hoftrakt wird im Gutachten als „unbrauchbar“ bzw. „wirtschaftlich abbruchreif“ bezeichnet. „Unbrauchbar“ bedeute, dass das Gebäude „nur mittels durchgreifender Erneuerung verwendungsfähig“ ist. So sind für den Hoftrakt in einer Studie ein Abriss und Neubau inklusive Tiefgarage konzipiert. Um vor 1945 errichtete Gebäude und Gebäude in Schutzzonen abreißen zu können, braucht es die Zustimmung der Magistratsabteilung für Architektur und Stadtgestaltung (MA 19). Verweigert die MA 19 die Zustimmung, wie im vorliegenden Fall, müsste nachgewiesen werden, dass eine Sanierung wirtschaftlich nicht möglich ist. Diese „wirtschaftliche Abbruchreife“ wurde früher häufig gewährt, seit einer Gesetzesverschärfung 2023 sollte das aber anders sein. Die Behörden haben einem Abriss bisher nicht zugestimmt.
Wird der Verfall gestoppt?
Laut Auskunft der Baupolizei werde geprüft, wie sich das Haus instandsetzen lässt. Die Behörden haben immer auch die Möglichkeit, Reparaturaufträge anzuordnen und notfalls selbst zu beauftragen (Ersatzvornahme). Beim Meierhof wird es mit einigen notdürftigen Reparaturen aber nicht getan sein. Ohne eine umfassende Sanierung wird sich der Verfall kaum aufhalten lassen. Meinbezirk.at schrieb 2022:
Auf Nachfrage bei Dezoni Dawaraschwili, Geschäftsführer der NGB Immo GmbH & Co KG – der Firma, die das Baurecht der Liegenschaft erworben hat – heißt es nur, dass noch nicht feststünde, was für ein Wohnimmobilienprojekt an dieser Stelle kommen würde. Das soll im Laufe des nächsten Jahres festgestellt werden.
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Quellen
- Nächstes Wiener Baujuwel als Spekulationsobjekt? (Kronen-Zeitung, 6.10.2022)
- Schloss Neugebäude. Privater Investor erwirbt Baurecht am Meierhof (meinbezirk.at, 17.10.2022)
- Gemeinderat, 26. Sitzung vom 21.9.2022, Wörtliches Protokoll – Seite 112
- Projektentwicklung Schloss Neugebaeude_Meierei (Barbara de Schuen, Diplomarbeit an der TU Wien, 2012)
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