Linzer Straße 83: Behörden erlauben Abriss von Gründerzeithaus

In der Linzer Straße im 14. Bezirk darf ein Gründerzeithaus, in dem einst ein Kino war, abgebrochen werden. Wieder einmal versagt der Abriss-Schutz für Altbauten.

Dieser Artikel wurde nach dem Erscheinen ergänzt (im August 2023).

Gründerzeithaus mit Fassadendekor in Wien-Penzing, Linzer Straße
Das Gründerzeithaus in der Linzer Straße 83 wird abgerissen. (Foto: 2023, Jakob Ehrlich)

Haus erhaltenswert - Abriss erlaubt

Seit Jahren verspricht die Politik in Wien einen besseren Schutz für alte Gebäude. Durch eine 2018 erfolgte Gesetzesnovelle sollten Abrisse erhaltenswerter Altbauten eigentlich verhindert werden. Auch das Gründerzeithaus in der Linzer Straße 83 wurde von der Architekturbehörde (MA 19) als erhaltenswert eingestuft. Doch die MA 19 wurde umgangen, denn die zum Wohnbauressort von Stadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) gehörende Baubehörde (MA 37) hat den Abriss erlaubt. Das Haus sei „wirtschaftlich abbruchreif“. Basis für solche Genehmigungen bilden von Eigentümern beauftragte Privatgutachten. Solche Abrisse häufen sich in Wien, wie auch das Beispiel einer Villa in Währing vor Augen führt.

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Linzer Straße 83 (Foto: 2023, Jakob Ehrlich)

Die Liegenschaft in der Linzer Straße 83 ist im Eigentum der Firmen SNP Immobilien und LIST83. Die Gesellschafter der Firma SNP sind die leitenden Architekten des gleichnamigen Architekturbüros mit Sitz in 1060 Wien.

Stadt fördert Sanierung zu wenig

In Abbruchverfahren wird ermittelt, ob eine Sanierung wirtschaftlich möglich ist oder nicht. Tritt ein Fehlbetrag auf die errechneten Sanierungskosten auf, kann die Stadt Wien diesen Betrag als Förderung zuschießen. Damit könnte der Abriss untersagt werden. Doch das ist nicht passiert, denn eine ausreichend hohe Förderung wurde nicht gewährt.

Vereinfacht gesagt: Mit ausreichend hohen öffentlichen Zuschüssen würde es zu den meisten Abrissen gar nicht erst kommen. Doch besonders der Altstadterhaltungsfonds ist zu klein, um Abbrüche effektiv verhindern zu können.

(Foto: Juni 2023)

Hohe Bauklasse begünstigt Veränderungen

Für die Häuserzeile, in der das Gebäude steht, haben Politik und Behörden eine Bauklasse festgelegt, die deutlich höher ist, als die Gebäude tatsächlich hoch sind. Dadurch werden Veränderungen gefördert: Aufstockungen und Dachausbauten, aber auch Totalabrisse. Solange der Abbruch erhaltenswerter Gebäude so einfach möglich ist, wie derzeit, stellt eine zu hohe Bauklasse eine große Gefahr für den Altbestand dar.

Linzer Straße: hohe Bauklasse fördert Aufstockungen und Abrisse (Foto: Juni 2023)

Historisches Kino

In dem Gebäude befand sich einst ein Kino. Das sogenannte Fischerkino bestand von 1914 bis 1976. In dem Saal war Platz für 400 Personen, wie Angela Heide auf der Webseite kinthetop.at schreibt. Ob und wie weit der Saal noch bis zuletzt überdauert hat, ließ sich nicht herausfinden.

Handelt es sich bei dem alten Tor (Foto unten) um den einstigen Eingang zum Kino?

Linzer Straße 83 (Foto: Juni 2023)

Im Geschichte Wiki der Stadt Wien finden sich folgende Infos:

Das neue Kino stand (…) in Besitz der Familie Fischer, bestehend aus dem Inhaber, Hans Fischer (1884−1940), seiner Frau Maria und deren drei Kindern; die Familie war an derselben Adresse wohnhaft. Der neue Kinobetrieb lief nach der Eröffnung ohne größere Probleme und blieb für die gesamte Zeit des Bestehens ein Familienunternehmen.

Die Kinoräume wurden durch einen Hofeinbau geschaffen (…) Es gab 18 Sitzreihen, welche durch einen Mittelgang der Länge nach geteilt waren; im Vorderbereich des Saals befand sich auf der rechten Seite ein Orchesterbereich (…) 1930 wurde der Tonfilm eingeführt.

Im April 1939 wurde Hans Fischer, zu diesem Zeitpunkt bereits NSDAP-Mitglied, auch offizielles Mitglied der Reichsfilmkammer. Auch das Kino wurde in der Folge in die Reichsfilmkammer eingegliedert und die Bezeichnung laut NS-Bestimmung von „Kino Fischer“ auf „Fischer Lichtspiele“ geändert (…)

Ab dem 1. Dezember 1954 wurde der Betrieb als „Offene Handelsgesellschaft“ „,Kino Fischer‘ Maria Fischer & Töchter“ weitergeführt, die langjährige Kinobetreiberin Maria Fischer verstarb im März 1962. Im Juni 1971 übernahm Gertrude Kracmer die Geschäftsführung des Betriebs. Mit 1. Juli 1976 wurde der Kinobetrieb offiziell eingestellt und die Konzession zurückgelegt.

Im Nachbarbezirk Rudolfsheim-Fünfhaus ist ebenfalls ein Gebäude eines alten Kinos vom Abbruch bedroht.

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Vizebürgermeisterin und Stadträtin Kathrin Gaál untersteht die Geschäftsgruppe Wohnen. Zu dieser gehören u. a. die Baupolizei (kontrolliert die Einhaltung der Bauvorschriften u. dgl.), Wiener Wohnen (Gemeindewohnungen) und der Wohnfonds (Fonds für Neubau und Sanierung).

(Die Reihung der Parteien orientiert sich an der Anzahl der Mandate im November 2020.)

Infos

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