Das Biedermeierhaus in der Schutzzone soll abgerissen werden. Der Eigentümer ist ein bekannter Börseninvestor.
Dieser Artikel wurde am 3.2.2023 aktualisiert.
Biedermeierhaus und leeres Hotel
Das Biedermeierhaus in der Ungargasse 25 wurde etwa zwischen dem Ende des 18. und dem Anfang des 19. Jahrhunderts erbaut. Der damaligen Zeit und der Architektur entsprechend wurde nur spärlicher Dekor angebracht. Wie original Haus und Fassade noch erhalten sind, lässt sich mangels historischer Fotoaufnahmen nicht sagen. In jedem Fall ist das Haus bedeutend, denn es liegt im Zentrum der Ortsbild-Schutzzone zwischen Ungargasse und Landstraßer Hauptstraße. Aus Sicht von Stadtbild und historischer Relevanz ist das Haus zweifellos erhaltenswert.
Das Gebäude gehört zu einer Liegenschaft, auf der sich auch das ehemalige Hotel Roter Hahn befindet. Ein Abriss des leerstehenden Hotels an der Landstraßer Hauptstraße wird seit Jahren befürchtet. Der Eigentümer hat jedoch mehrfach den Erhalt versprochen und einen Umbau angekündigt. Da das Denkmalamt eine Unterschutzstellung verweigert hat, gilt aber auch hier nur die wenig effektive Schutzzone. Am bzw. hinter dem alten Hotel wurden 2022 Bauarbeiten gestartet, wobei auch der Eingangsbereich an der Landstraßer Hauptstraße teilweise abgebrochen wurde.
Abriss trotz Schutzzone genehmigt
Die Schutzzone ist ein Instrument der Wiener Bauordnung, das Altbauten vor der Zerstörung bewahren soll. In regelmäßigen Abständen entpuppt sich die Schutzzone aber als völlig zahnlos. Gesetzesbestimmungen, die Abrisse effektiv verhindern, existieren nicht. Bebauungspläne erlauben zudem häufig, dass viel größere Neubauten anstelle von erhaltenswertem Altbestand errichtet werden dürfen. Offenbar besteht in der Wiener Politik kein Interesse daran, historische Gebäude und die darin verbauten Rohstoffe („graue Energie“) zu erhalten.
2017 war in der Tageszeitung Der Standard zu lesen:
Grundsätzlich gilt: In Schutzzonen darf abgerissen werden, was aus Sicht des Stadtbildes nicht erhaltenswert oder wirtschaftlich bzw. technisch abbruchreif ist. Der Eigentümer, seit 2009 eine Firma des Investors Alexander Proschofsky, stellte entsprechende Anträge für die Ungargasse [25], die die Baupolizei ablehnte: Das Haus sei technisch nicht abbruchreif. Dem widerspricht das Verwaltungsgericht Wien und fügt in einem Beschluss vom Sommer 2017 hinzu, dass „kein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Hauses gegeben“ sei. Die Baupolizei blieb bei ihrer Meinung (…) Sie legte außerordentliche Revision ein: Der Fall liegt nun beim Verwaltungsgerichtshof.
Die Bezirkszeitung berichtete 2018:
Das Haus in der Ungargasse 25 liegt in der Schutzzone. Dieses ist vom Abbruch bedroht – im Zusammenhang mit einem Bauprojekt an der Landstraßer Hauptstraße. „Hier entscheiden Oberstgerichte seit Jahren nicht“, so [Bezirksvorsteher-Stellvertreter Rudolf] Zabrana. „Der Bezirk und die Stadt sind durch alle Instanzen gegangen.“
Ende 2022 erklärte die Baupolizei auf eine Anfrage hin, dass nun eine Entscheidung vorliegt: Das Gebäude darf abgebrochen werden.
Meinbezirk.at berichtete im Dezember 2022:
In der Ungargasse 25 ist die baurechtliche Abbruchreife gegeben, es würden aber noch zivilrechtliche Ansprüche bestehen. Im Jänner soll es eine Veranstaltung mit den Mieterinnen und Mietern dort geben.
Das Haus ist – Stand: Jänner 2023 – noch bewohnt. Ein Abriss ist nur dann möglich, wenn alle Mieter ausgezogen sind. Genaue Pläne, was der Eigentümer mit dem Grundstück vorhat und was gebaut werden soll, sind nicht bekannt.
Abriss wegen veralteter Gesetzesbestimmung erlaubt
Anfang Februar berichtete der ORF über das Haus:
Für einen Abriss zugunsten des Eigentümers hat letztlich das Verwaltungsgericht entschieden. „Das Verwaltungsgericht hat sich da auf einen Tatbestand gestützt, der bis 2018 in der Bauordnung enthalten war, dass die Gebäude nicht an die Umgebung entsprechend angepasst sind, dass also hier kein einheitliches Stadtbild gegeben ist und das war dann letztlich das, was hier den Ausschlag gegeben hat“, erklärte Gerhard Cech, Leiter der Baupolizei (MA 37), die sich acht Jahre lang für den Erhalt des Gebäudes eingesetzt hatte.
Der Abriss wurde also offenbar nicht – wie in der ersten Version dieses Artikels vermutet – wegen Unsanierbarkeit (Abbruchreife) gestattet. Der Grund, warum der Abriss erlaubt wurde: Bis zu einer Gesetzesänderung im Juni 2018 mussten Häuser einander sehr ähnlich sein, um als „Ensemble“ zu gelten. Diese hochproblematische Bestimmung, die jahrzehntelang gegolten hatte, wurde indes zwar geändert. Für das Haus in der Ungargasse 25 kommt diese Änderung aber zu spät.
Weiteres Gebäude gefährdet
Ein weiteres Gebäude in der unmittelbaren Nähe scheint gefährdet: Das gut erhaltene Biedermeierhaus in der Ungargasse 34 steht seit Jahren leer. Zukunft ungewiss.
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Quellen
- Biedermeierhaus in Ungargasse droht Abriss (ORF, 3.2.2023)
- Jugendklimarat bis Ärztemangel. Neues aus dem Landstraßer Bezirksparlament (meinbezirk.at, 16.12.2022)
- Abrissgefahr in der Landstraße (Bezirkszeitung, 13.8.2018)
- Leerstehendes Hotel: Landstraßer Hahn mit bewegter Geschichte (Der Standard, 20.12.2017)
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